Salzburger Nachrichten

Nach 47 Minuten gab es nur „Blech“

- Joachim Glaser

Geboren wurde er 1914 im hessischen Groß-Zimmern, 1938 wurde er deutscher Meister im Ringen, kriegsbedi­ngt landete er später in Salzburg, erhielt nach 1945 die österreich­ische Staatsbürg­erschaft und gehörte 1948 dem ÖOC-Aufgebot für die Olympische­n Spiele in London an: Georg „Schorsch“Weidner, Federgewic­htler mit weniger als 62 kg Körpergewi­cht, bevorzugte­r Stil griechisch-römisch.

Nachdem er im Jahr zuvor und im Frühjahr 1948 alle Ausscheidu­ngskämpfe haushoch gewonnen hatte (darunter einmal im nicht geheizten eiskalten Salzburger Festspielh­aus), wurde Olympia zum Höhepunkt der Karriere des SAK-Ringers. Gekämpft wurde damals, im wahrsten Sinn des Wortes, bis zum Umfallen, sehr oft bis zu 20 Minuten je Kampf (heute geht es über zwei Mal drei Minuten mit 30 Sekunden Pause).

Schon der erste Kampf in der Londoner Empress Hall forderte Weidner alles ab: Gegen den schwedisch­en Europameis­ter Anderberg wurde ein guter Wurf des Salzburger­s nicht anerkannt, nach 14:29 Minuten warf ihn der Schwede auf die Schulter. Im zweiten Kampf besiegte Weidner den Luxemburge­r Strasser nach 1:50 Minuten, danach bezwang er den Libanesen Safi nach 11:21 Minu- ten und hatte anschließe­nd ein Freilos. Also ging es gegen den Türken Oktav um den Einzug in die Medaillenr­änge. Da war dem „Schorsch“dann das Kampfgeric­ht nicht gut gesinnt, der Engländer und der Franzose stimmten für Oktav, der Belgier für Weidinger, also 1:2-Niederlage des österreich­ischen Meisters und letztlich Vierter. Auch die neutralen Beobachter waren sich einig: „Mit einem fairen Kampfgeric­ht wäre Weidner der Sieger gewesen.“Olympiasie­ger wurde Oktav, Silber ging an Anderberg – mit beiden war Weidner auf gleicher Höhe gewesen, nur das Glück hatte gefehlt.

So wurde er also nach insgesamt 47 Minuten auf der Matte Vierter und musste sich mit „Blech“begnügen; sieht man von Nikolaus Hirschl (Hakoah Wien) mit seiner Bronzemeda­ille von 1932 ab, ist es die beste Olympiapla­tzierung eines österreich­ischen Ringers – die 1956 in Melbourne von Bartl Brötzner eingestell­t wurde. Insgesamt waren bisher 14 Salzburger Ringer bei Olympia. Weidner, Schwergewi­chtler Peter Enzinger (7. Platz London) und Kollegen kämpften später als Legionäre für Bad Reichenhal­l und wurden 1950 deutsche Meister, wechselten nach dem „Aus“der Sektion Ringen beim SAK 1952 zum neu gegründete­n AC Wals.

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BILD: SN/ARCHIV Georg „Schorsch“Weidner war wegen seiner Grifftechn­ik bei Gegnern gefürchtet.

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