Nein, das wird kein ruhiger Herbst
Die Tonalität der AUVA-Debatte gibt einen Vorgeschmack darauf, was die kommenden Monate bringen werden.
Übermorgen, Mittwoch, beginnt mit der ersten Regierungssitzung nach der Sommerpause die politische Herbstarbeit. Diese auf den ersten Blick schlichte Feststellung könnte bei näherem Hinsehen den Straftatbestand der gefährlichen Drohung erfüllen. Überhaupt, wenn man die AUVA-Debatte ins Kalkül zieht.
Die Reform der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt ist, wie man der Analyse auf Seite 2 entnehmen kann, eine komplizierte, überaus technische und vor allem langwierige Angelegenheit. Dennoch wird in der Öffentlichkeit über die AUVA debattiert, als handle es sich um ein simples Ja-Nein-Thema wie Rauchen, Tempo 140 oder eine berittene Polizei.
Wie das möglich ist? Wie immer durch Vereinfachung. Eröffnet worden war die Debatte mit der Erörterung der Frage, ob Unfallopfer bald auf der Straße verbluten müssen oder nicht. Jetzt sind die geplanten Änderungen bei der AUVA für die Gegner schlicht ein „Millionengeschenk an die Großindustrie“. Sprich: Die feisten Firmenbosse werden sich ihre Havannas statt mit 200- künftig mit 500-EuroScheinen anzünden können.
Die Reaktion der Regierung bestand darin, dass sie das größte Wunder seit der Hochzeit von Kana versprach: Niemand muss mehr zahlen, niemandem werden die Leistungen gekürzt und trotzdem können bei der AUVA 430 Millionen Euro eingespart werden. Denn finanziert wird das alles durch die Zusammenlegung der Sozialversicherungen, die eine Milliarde Euro bringt. – Da bleibt also sogar noch jede Menge Geld übrig!
Dem Vorwurf eines Millionengeschenks an die Industrie wurde also ein Milliardengeschenk an die Fantasie entgegengehalten. Auf diesem Niveau wird bei uns die „größte Strukturreform der Zweiten Republik“(© Beate Hartinger-Klein) abgehandelt.
Das ist kein gutes Zeichen, wenn man bedenkt, welche Fülle an politischen Kontroversen im Herbst wartet: Im Parlament starten die beiden Untersuchungsausschüsse zu den Themen Eurofighter und BVT. Die Gewerkschaft wird die herbstlichen Lohnverhandlungen dazu nützen wollen, sich für die Arbeitszeitflexibilisierung an Regierung und Arbeitgebern zu rächen. Das Migrationsthema hat nichts an Brisanz verloren. Die Fragen Kopftuchverbot im Kindergarten und Bleiberecht für abgewiesene Asylbewerber in Lehrausbildung harren einer Klärung.
Die Mindestsicherung, das Arbeitsmarktservice und die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern sollen reformiert werden. Über die Zukunft der Eurofighter muss eine Entscheidung fallen. Und, und, und.
Jedes einzelne dieser Themen ist geeignet, die Emotionen hochgehen zu lassen. Alle zusammen werden einen Cocktail bilden, der die politische Herbstarbeit zu einem eher grauenhaften Ereignis machen dürfte.