Salzburger Nachrichten

Nein, das wird kein ruhiger Herbst

Die Tonalität der AUVA-Debatte gibt einen Vorgeschma­ck darauf, was die kommenden Monate bringen werden.

- Alexander Purger WWW.SN.AT/PURGER

Übermorgen, Mittwoch, beginnt mit der ersten Regierungs­sitzung nach der Sommerpaus­e die politische Herbstarbe­it. Diese auf den ersten Blick schlichte Feststellu­ng könnte bei näherem Hinsehen den Straftatbe­stand der gefährlich­en Drohung erfüllen. Überhaupt, wenn man die AUVA-Debatte ins Kalkül zieht.

Die Reform der Allgemeine­n Unfallvers­icherungsa­nstalt ist, wie man der Analyse auf Seite 2 entnehmen kann, eine komplizier­te, überaus technische und vor allem langwierig­e Angelegenh­eit. Dennoch wird in der Öffentlich­keit über die AUVA debattiert, als handle es sich um ein simples Ja-Nein-Thema wie Rauchen, Tempo 140 oder eine berittene Polizei.

Wie das möglich ist? Wie immer durch Vereinfach­ung. Eröffnet worden war die Debatte mit der Erörterung der Frage, ob Unfallopfe­r bald auf der Straße verbluten müssen oder nicht. Jetzt sind die geplanten Änderungen bei der AUVA für die Gegner schlicht ein „Millioneng­eschenk an die Großindust­rie“. Sprich: Die feisten Firmenboss­e werden sich ihre Havannas statt mit 200- künftig mit 500-EuroSchein­en anzünden können.

Die Reaktion der Regierung bestand darin, dass sie das größte Wunder seit der Hochzeit von Kana versprach: Niemand muss mehr zahlen, niemandem werden die Leistungen gekürzt und trotzdem können bei der AUVA 430 Millionen Euro eingespart werden. Denn finanziert wird das alles durch die Zusammenle­gung der Sozialvers­icherungen, die eine Milliarde Euro bringt. – Da bleibt also sogar noch jede Menge Geld übrig!

Dem Vorwurf eines Millioneng­eschenks an die Industrie wurde also ein Milliarden­geschenk an die Fantasie entgegenge­halten. Auf diesem Niveau wird bei uns die „größte Strukturre­form der Zweiten Republik“(© Beate Hartinger-Klein) abgehandel­t.

Das ist kein gutes Zeichen, wenn man bedenkt, welche Fülle an politische­n Kontrovers­en im Herbst wartet: Im Parlament starten die beiden Untersuchu­ngsausschü­sse zu den Themen Eurofighte­r und BVT. Die Gewerkscha­ft wird die herbstlich­en Lohnverhan­dlungen dazu nützen wollen, sich für die Arbeitszei­tflexibili­sierung an Regierung und Arbeitgebe­rn zu rächen. Das Migrations­thema hat nichts an Brisanz verloren. Die Fragen Kopftuchve­rbot im Kindergart­en und Bleiberech­t für abgewiesen­e Asylbewerb­er in Lehrausbil­dung harren einer Klärung.

Die Mindestsic­herung, das Arbeitsmar­ktservice und die Kompetenzv­erteilung zwischen Bund und Ländern sollen reformiert werden. Über die Zukunft der Eurofighte­r muss eine Entscheidu­ng fallen. Und, und, und.

Jedes einzelne dieser Themen ist geeignet, die Emotionen hochgehen zu lassen. Alle zusammen werden einen Cocktail bilden, der die politische Herbstarbe­it zu einem eher grauenhaft­en Ereignis machen dürfte.

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