Wo Dienstleistung aufhört – und Schleichwerbung beginnt
Deutsche Blogger kämpfen mit Abmahnwellen: Ihnen wird Schleichwerbung vorgeworfen. Wie die Rechtslage in Österreich ist. Und wie Werbung auf Instagram & Co. beschildert werden muss.
SALZBURG. Sie sei immer schon darauf bedacht gewesen, Werbung als solche zu kennzeichnen, sagt Karin Teigl (34). Doch seit Kurzem markiert die Bloggerin und Moderatorin nahezu jedes ihrer InstagramPostings als Werbung. „Sogar Posts, in denen ich meinen Mann verlinke (den Fußballprofi Georg Teigl, Anm.), kennzeichne ich. Nach dem, was in Deutschland gerade passiert, gehe ich auf Nummer sicher“, sagt die Wagrainerin, die als „constantly_k“auf Instagram aktiv ist.
In Deutschland schwappt seit Monaten eine Abmahnwelle über Influencer, also all jene, die vor allem auf Instagram ihren Fans etwa Mode, Smartphones oder Reisetipps präsentieren. Urheber ist meist der Verband Sozialer Wettbewerb, der „unlauteren Wettbewerb bekämpfen will“. Zu den Beklagten gehört Cathy Hummels, die Frau von Fußballprofi Mats Hummels.
Der Verband fordert, dass Werbung strikt gekennzeichnet wird – und zwar nicht nur, wenn Geld fließt. Und das wird zumindest von manchen Gerichten unterstützt: In einem Urteil hieß es, Personen mit mehr als 50.000 Fans müssten ihre Postings auch dann kennzeichnen, wenn sie das Produkt kostenlos erhalten hätten. Laut einem Urteil müssten sogar bei selbst gekauften Produkten dazugehörige Beiträge als Anzeige markiert werden.
In Österreich sei die Rechtslage anders, erläutert der Salzburger Anwalt Peter Harlander. Postings, für die Geld geflossen sei, müssten in jedem Fall ausgeschildert werden. Wenn die präsentierten Produkte verschenkt worden seien, müsse man die Beiträge hingegen „eher nicht kennzeichnen“. Das gelte auch für klassische Medien: Der Oberste Gerichtshof urteilte, dass eine Zeitung, die zu Inseraten PRArtikel dazuverschenkt, lediglich die Inserate ausschildern muss.
Von den Influencern selbst gekaufte Produkte müssten hingegen nicht gekennzeichnet werden. „Das würde bedeuten, dass jeder Mensch mit einer gewissen Followerschaft jede Empfehlung kennzeichnen muss. Das kann doch nicht sein.“Die Wiener Rechtsanwältin Katharina Braun ist anderer Ansicht: „Selbst die übermäßig positive Darstellung von selbst gekaufter Ware kann Schleichwerbung darstellen.“Vor allem dann, wenn das adressierte Unternehmen „als Kunde akquiriert werden soll oder mit diesem bereits eine Geschäftsbeziehung besteht“. Zudem rät Braun Firmen, die mit Influencern arbeiten, „Verträge abzuschließen, in denen die Kennzeichnung genau geregelt ist“. Auf SN-Anfrage sagt etwa Jochen Kramar, Sprecher von Dyson, dass „sich soweit ich das beurteilen kann, alle Influencer, mit denen wir zusammenarbeiten, an die Kennzeichnung halten“.
Markus Deutsch ist indes ähnlicher Ansicht wie Peter Harlander. Zwar empfinde er bei Geschenken einer gewissen Größenordnung eine Ausschilderung als angemessen – „zum Beispiel bei einer Weltreise um 100.000 Euro“, sagt der Geschäftsführer des Fachverbands für Werbung in der Wirtschaftskammer. „Aber wenn eine Privatperson eine Coca-Cola anpreist, gehört das meiner Ansicht nach nicht gekennzeichnet.“Auch eine Abmahnwelle wie jene der deutschen Kollegen käme für ihn nicht infrage: „Das ist nicht unser Weg. Wenn jemand gegen die Regeln verstößt, versuchen wir das im Einzelfall zu regeln.“
Aber wie kennzeichnet man (entgeltliche) Werbung auf Instagram überhaupt korrekt? Der Verweis müsse in der Sprache verfasst sein, in der auch das restliche Posting geschrieben worden sei, beschreibt Harlander. Auf Deutsch sind lediglich die Worte „Anzeige“und „Werbung“erlaubt. Und zwar ausgeschrieben und als erstes Hashtag, also #werbung oder #anzeige.
Wer sich nicht an solche Vorgaben halte, könne vom Mitbewerb oder von Verbänden abgemahnt werden. Neben einer gewissen Strafsumme – oftmals einige Hundert Euro – müssten alle falsch gekennzeichneten Beiträge nachträglich richtiggestellt werden.
Um solchen Fällen vorzubeugen, raten Harlander und Braun dazu, eher mehr als weniger zu kennzeichnen. Und der Werbehinweis hat offenbar auch auf die Reichweite weniger Einfluss als bei anderen Medien: Laut einer aktuellen deutschen Studie fühlt sich nur rund die Hälfte der Befragten von Blog-Produktempfehlungen abgeschreckt.
„Ich markiere fast alles als Werbung.“Karin Teigl, Bloggerin