Genießt bei Kimi Räikkönen bald die Familie den Vorrang?
Eine veränderte Formel 1 mit noch vielen offenen Fragen beendet auf dem Traditionskurs von Spa-Francorchamps eine Sommerpause, in der unbeschwerte Ferientage die Ausnahme waren.
Sogar das spannende Titelduell zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel rückte während der Sommerpause der Formel 1 in den Hintergrund. Unbeschwerte Ferientage waren wegen der Fülle an Nachrichten eher die Ausnahme im Rennzirkus. Die Formel 1 ist vor dem Großen Preis von Belgien am Sonntag (Start 15.10 Uhr) auf dem Traditionskurs von Spa-Francorchamps eine andere geworden.
Ganze 24 Punkte trennen neun Rennen vor Schluss den Briten Hamilton und den Deutschen Vettel. Das ist ein Zähler weniger als die Ausbeute für einen Sieg. Schon unmittelbar vor dem Rennen in Ungarn, dem letzten vor der Pause, erschütterte Othmar Behr berichtet für die SN aus Spa-Francorchamps ein Schicksalsschlag Sebastian Vettels Ferrari-Team. Sergio Marchionne, mächtiger und oft polternder Boss von Fiat und Ferrari, verstarb an den Folgen einer Operation. Marchionne hatte den Rennstall auf Trab gehalten. Der Verlust des Titels im Vorjahr war für ihn „eine Mischung aus technischen Patzern und Irrtümern der Fahrer“.
Von den neuen Chefs Mike Manley (Fiat Chrysler) und John Elkann (Ferrari) gibt es noch keine Ansagen bezüglich des Rennstalls. Marchionne hatte sich für den bei Sauber mit Ferrari-Motor fahrenden Monegassen Charles Leclerc stark gemacht. Für den 38-jährigen Kimi Räikkönen wäre kein Platz mehr. Der Finne taucht bei Rennen gerne mit seiner Familie auf. Er hat nichts dagegen, wenn sein dreijähriger Sohn Robin von Fotografen umlagert wird, wenn er mit einem MiniScooter in Ferrari-Farben herandüst. Gut möglich, dass für Räikkö- nen die Familie bald den Vorrang genießt. Einen weiteren Titel wird der Ferrari-Weltmeister des Jahres 2007 garantiert nicht mehr holen, zu sehr ist seine Rolle mittlerweile auf die des Unterstützers von Vettel festgelegt worden. Aber Ferrari lässt sich Zeit für die Weichenstellung.
Das Weltmeisterteam Mercedes AMG Petronas bestätigte seine Fahrer Hamilton und Bottas im Frühsommer und am 2. August schreckte die Hiobsbotschaft auf: Niki Lauda, Vorsitzender des Aufsichtsrats musste eine Lunge transplantiert werden. Über den Genesungsfortschritt gibt es auf Wunsch der Familie keine Informationen. Niki Lauda, seit Jahrzehnten omnipräsent, hatte schon bei den Großen Preisen von Deutschland und Ungarn gefehlt. Der Langzeit-Weggefährte und Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko drückte es am Montag bei ServusTV so aus: „Ein Grand Prix ohne Niki, das ist nicht das Gleiche.“Von Mercedes-Teamchef Toto Wolff gibt es eine Videobotschaft: „Es ist schon ein herber Schlag, ihn nicht bei uns zu haben.“
Am Donnerstag stellten sich in Spa mit Fernando Alonso (Formel-1-Rückzug mit Jahresende), Daniel Ricciardo (von Red Bull Racing zu Renault), Carlos Sainz jun. (von Renault zu McLaren) und Pierre Gasly (von Toro Rosso zu Red Bull Racing) vier Mann der Medienrunde, für die es im Jahr 2019 sicher Neuland geben wird. Alonso sprach zwar vom begehrten Triple (Siege in Monaco, Le Mans und Indianapolis), gab aber nichts Konkretes für Indy – dieser Sieg fehlt ihm noch – bekannt. Der Kommentar des Spaniers zu einer möglichen Formel-1-Rückkehr: „Es ist jetzt ein Bye-bye. Aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt?“
Daniel Ricciardo schilderte, wie schwer es ihm gefallen sei, zu Red Bull eine Trennlinie zu ziehen: „Ich habe viel nachgedacht und die eine oder andere schlaflose Nacht verbracht. Als ich Helmut Marko anrief, um ihm die Entscheidung mitzuteilen, da war ich schon nervös. Die Verträge waren soweit ja ausgehandelt und ich mag es nicht, Menschen zu enttäuschen. Aber ich denke, es ist der richtige Schritt.“Die Frage, ob er wegen Verstappen weggeht, beantwortete Ricciardo knapp: „Nein.“
Unklar ist noch die Lage etwa bei Sergio Perez, Esteban Ocon (beide Force India), Lance Stroll, Sergei Sirotkin (beide Williams), Romain Grosjean (Haas) und Stoffel Vandoorne (McLaren).