Notaufnahme: Spital greift zur Selbsthilfe
Die Spitalsambulanz ist permanent überfüllt. Die Landeskliniken wollen deshalb heuer die AMA – Allgemeinmediziner-Ambulanz – eröffnen.
SALZBURG. 35.254 Patienten – so viele strömten im Vorjahr in die Notaufnahme für Erwachsene im Uni-Klinikum Salzburg. Im Schnitt kamen an einem Montag 108 Patienten. Spitzentag in der Notaufnahme war der 12. Juni 2017, da wurden sogar 157 Patienten gezählt.
Doch bei Weitem nicht alle sind medizinisch dringende Fälle. Eine Auswertung hat gezeigt, dass 63 Prozent der Patienten nach dem Manchester-TriageSystem in die beiden niedrigsten Dringlichkeitsstufen fallen. Kurz gesagt: 50 bis 60 Patienten am Tag gehören eigentlich zu ihrem Hausarzt und nicht in die Notaufnahme der Uni-Klinik, in die sie sich selbst einweisen.
Ausschlaggebend für den Andrang ist mittlerweile auch das Internet. Wer nach Bauchweh Seit April 2017 haben die TirolKliniken in Innsbruck zur Entlastung der Notfallambulanz einen Bereich, in dem Allgemeinmediziner die „leichten“Fälle behandeln. Ähnlich wie nun in Salzburg geplant, sichtet das Pflegepersonal die Patienten und entscheidet dann, ob sie in der Ambulanz bleiben oder zum Allgemeinmediziner kommen.
Johannes Schwamberger, Sprecher der Tirol-Kliniken, googelt, der findet schnell Beiträge, die einen Schlimmes befürchten lassen – und geht vorsichtshalber gleich ins Spital.
Die überfüllte Spitalsambulanz sorgt für lange Wartezeiten bei den Patienten und für Frust bei den Mitarbeitern. „Jemand, der seit sechs Wochen Rückenoder Knieschmerzen hat oder nur ein Rezept abholen will – dafür ist die Notaufnahme nicht gedacht“, sagt der ärztliche Direktor des Uni-Klinikums Salzburg, Jürgen Koehler. Patienten wegschicken kann und darf ein Arzt aber auch nicht. sagt: „Wir haben nicht mehr und nicht weniger Patienten als vorher, aber es ist eine Entlastung für die Notaufnahme. Der Aufwand sinkt. Es kann aber natürlich sein, dass der Allgemeinmediziner einen Patienten zurückschickt in die Notfallambulanz, weil es notwendig ist.“1,48 Millionen Patienten kämen jährlich in alle Ambulanzen der Uni-Klinik Innsbruck, im Winter seien in Innsbruck täglich bis zu 220 Frischverletzte zu versorgen. Und in der Notfallambulanz wird eben nicht einfach schnell „drübergeschaut“, sondern meist läuft das volle Programm: Labor, Röntgen, EKG etc.
Um leichtere Fälle effizienter behandeln und die Notaufnahme entlasten zu können, soll daher noch heuer nach dem Vorbild der Klinik in Innsbruck (siehe Kasten) eine AllgemeinmedizinerAmbulanz – kurz AMA – installiert werden. „Wir versuchen, intern eine Lösung zu finden für Patienten, die als nicht dringend eingestuft werden“, sagt Koehler. Die neue AMA wolle man als Pilotprojekt in den Landeskliniken starten. „Wir machen das aus der Not heraus, weil wir die Notaufnahme, die für schwere und lebensbedrohliche Erkrankungen da ist, entlasten müssen.“
Künftig soll es für Patienten so ablaufen: Geschultes Pflegepersonal schätzt nach dem TriageSystem ein und entscheidet, ob der Patient eine niedrige Dringlichkeitsstufe hat und damit in die AMA oder doch in die Notfallambulanz gehört. In der direkt bei der Notaufnahme angesiedelten AMA sollen ein Allgemeinmediziner und eine Ordinations- assistentin von 8 bis 18 Uhr an sieben Tagen die Woche das machen, was auch der Hausarzt machen würde. Damit soll sich die Notaufnahme auf schwere und dringende Fälle konzentrieren können.
Eines soll die AMA aber laut Koehler keinesfalls sein: Werbung für ein zusätzliches Angebot. „Wir wollen nicht das Signal geben, dass wir ein Zusatzangebot oder ein neues Betätigungsfeld schaffen. Wir wollen nicht noch mehr Patienten anlocken. Es soll nur die Prozesse in der Notaufnahme verbessern.“
Erfahrungen mit einem ähnlichen Angebot gibt es in der Sterneckstraße in der Stadt Salzburg. Dort wurde 2014 das HausärzteNotdienstzentrum eingerichtet. Von 100 Patienten würden dort 90 nach der Untersuchung wieder nach Hause gehen. Zehn Patienten würden von den Ärzten weiter in die SALK verwiesen, davon werde die Hälfte – also fünf – stationär aufgenommen. Der Hausärzte-Notdienst hat den Zustrom in die Notaufnahme der Uni-Klinik allerdings nicht verringert. Im Gegenteil: „Die Zahlen sind weiter gestiegen.“
„Wir müssen das notgedrungen optimieren.“