Salzburger Nachrichten

Zeitenwend­e ist vollzogen

- Katrin Pribyl AUSSEN@SN.AT

Als vor knapp 40 Jahren Papst Johannes Paul II. irischen Boden betrat, wurde er wie ein Superstar gefeiert. 1,25 Millionen Menschen nahmen an der Open-Air-Messe im Dubliner Phoenix Park teil. Es war ein erzkatholi­sches Irland, in dem Scheidung, Verhütung und Homosexual­ität als illegal galten und das Schulsyste­m fast zur Gänze von der katholisch­en Kirche kontrollie­rt wurde.

Als Papst Franziskus am Wochenende auf der grünen Insel landete, traf er auf ein anderes Land. Sein Empfang war von gemischten Gefühlen begleitet. Zu viel ist in jenen vier Jahrzehnte­n passiert. Nicht nur, dass heute die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe erlaubt ist und das Abtreibung­sverbot gelockert wurde. Die katholisch­e Kirche hat an Autorität und Glaubwürdi­gkeit verloren, nachdem immer neue Skandale um sexuellen Missbrauch und Gewalt in kirchliche­n Einrichtun­gen die Insel erschütter­ten.

Nun versuchte Papst Franziskus nachzuhole­n, was zu lang versäumt wurde. Er verurteilt­e die Skandale und deren Vertuschun­g, suchte den Dialog mit Opfern, bat um Vergebung.

Doch es dürfte zu spät für eine Versöhnung sein. Die Zeitenwend­e ist längst vollzogen. Für jene, die so lang gelitten haben, reichen Entschuldi­gungen und Solidaritä­tsbekundun­gen nicht aus. Sie fordern notwendige Reformen und dass Würdenträg­er, die Täter gedeckt haben, zur Rechenscha­ft gezogen werden. Der Besuch des Papstes offenbarte nicht nur, wie weit die Iren mittlerwei­le gekommen sind, sondern vor allem den langen Weg, den die katholisch­e Kirche noch vor sich hat.

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