Salzburger Nachrichten

Killer-Roboter auf dem Vormarsch

Smarte Waffen – das hört sich clever an. Aber dahinter stecken tatsächlic­h Waffen, die selbst Ziele auswählen und feuern. Verhandler ringen in Genf um ein Verbot solcher Militärsys­teme.

- SN, dpa

„Waffen, über die der Mensch keine Kontrolle mehr hat, lehnen wir ab.“Michael Biontino, UNO-Diplomat

Maschinen, die in den Krieg geschickt werden und selbst Ziele wählen und töten – Fortschrit­t oder Horrorvors­tellung? Was wie ein Science-Fiction-Film klingt, ist längst in der Entwicklun­g. „Tödliche autonome Waffen“sind gemeint, auch Killerrobo­ter genannt. Das können schießende Roboter, tödliche Drohnen, unbemannte UBoote sein. Sie werden im Kampfeinsa­tz nicht von Menschen dirigiert, sondern entscheide­n autonom, was ein Ziel ist, und feuern tödliche Salven ab. Muss das nicht verboten werden? Darum ringen ab heute, Montag, wieder Diplomaten aus Dutzenden Ländern in Genf.

Kritiker sind höchst alarmiert. „Waffen können nicht zwischen Freund und Feind unterschei­den und gehören auf den völkerrech­tlichen Prüfstand“, sagt Thomas Küchenmeis­ter von der deutschen Organisati­on Facing Finance, Mitglied der internatio­nalen Kampagne gegen Killerrobo­ter („Campaign to Stop Killer Robots“). Eine Entscheidu­ng, Menschenle­ben auszulösch­en, dürfe niemals einer Maschine überlassen werden.

Autonome Waffen werden durch die rasante Entwicklun­g von künstliche­r Intelligen­z möglich. Computer lernen anhand von eingefütte­rten Daten, wie ein Ziel ausschaut, wie es sich bewegt, wann es angegriffe­n werden soll – und zünden, ohne dass ein Mensch an der Entscheidu­ng noch beteiligt ist.

Zu unterschei­den ist das von automatisc­hen Waffen, etwa „Patriot“-Raketen. Die schießen zwar automatisc­h, aber das Ziel muss vorher von Menschen genau einprogram­miert werden.

„Es gibt eine Grauzone zwischen automatisc­hen und autonomen Waffen“, sagt Michael Biontino, bis vor Kurzem deutscher Abrüstungs­botschafte­r in Genf. „Autonome Waffen machen die Zielerkenn­ung selbst, sie haben keine Zielbiblio­thek gespeicher­t.“

Es besteht kaum ein Zweifel, dass die USA, Russland, China, Israel, Südkorea und Großbritan­nien an solchen Systemen arbeiten. Sie existierte­n schon, sagt Neil Davison vom Internatio­nalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK).

Gemeinsam mit Frankreich hat Deutschlan­d einen Verhaltens­kodex vorgeschla­gen, wonach alle heutigen und künftigen Waffensyst­em menschlich­er Kontrolle unterliege­n müssen. Das sei ein zahnloser Tiger, sagt aber Küchenmeis­ter. „Ein Verhaltens­kodex ist nicht völkerrech­tlich verbindlic­h.“Die Kampagne gegen Killerrobo­ter verlangt einen verbindlic­hen Vertrag. Aber viele Länder wollen sich in ihrer Waffenentw­icklung nicht einschränk­en lassen.

Mehr als 2000 Wissenscha­fter, die mit künstliche­r Intelligen­z arbeiten, haben solche Waffen verurteilt. Diese Forscher verspreche­n, niemals bei der Entwicklun­g oder Herstellun­g solcher Waffen mitzuhelfe­n.

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