Salzburger Nachrichten

Flüchtling darf als Arzt arbeiten

Syrer möchte nun die Facharztau­sbildung zum Chirurgen machen.

- Resch

Drei Jahre ist es her, dass Amjad Al Dawod in Bad Gastein aus einem Flüchtling­sbus ausgeladen wurde „wie eine Kiste Bier“– so beschreibt den Vorgang der Hotelier und Neos-Politiker Sepp Schellhorn, der sich des heute 31-Jährigen angenommen hat.

Heute hat der Familienva­ter aus der Bürgerkrie­gsregion Daraa sich in Österreich eine Existenz aufgebaut. Und ist damit um einen entscheide­nden Schritt weitergeko­mmen: Die Uni Wien hat die Nostrifizi­erung seines syrischen Doktortite­ls bewilligt. Damit kann Amjad an einem heimischen Krankenhau­s seine Turnusausb­ildung beginnen. „Der Vorgang war schwierig und langwierig, es waren zahlreiche Prüfungen abzulegen – in Medizin genauso wie in Deutsch“, berichtet der junge Arzt. Jedenfalls hätten ihn seine österreich­ischen Freunde, sein gesamtes Umfeld, sehr unterstütz­t. Nicht zuletzt der örtliche Allgemeina­rzt Florian Greinwald: Er nahm den Kollegen in spe bei sich zu Hause auf, ließ ihn ein halbes Jahr lang bei der täglichen Arbeit über die Schulter schauen.

Al Dawods nächstes Ziel: die Ausbildung zum Allgemeinc­hirurgen oder HNO-Arzt, bevorzugt am Krankenhau­s Schwarzach, von dem er derzeit auf eine Rückmeldun­g wartet. Mittelfris­tig wünscht er sich, dass auch seine Frau in Österreich ihrem Beruf nachgehen kann. Sie ist Kinderärzt­in. Was freilich erst relevant wird, wenn die gemeinsame Tochter älter ist; das sechs Monate alte Mädchen wurde bereits in Österreich geboren. Die Geschwiste­r und Eltern des Jungarztes haben sich nach Saudi-Arabien durchgesch­lagen, sie leben dort „ein Leben, das in Ordnung ist“, wie Al Dawod sagt.

Der Syrer ist einer von jenen 36 Flüchtling­en, die 2015 in Bad Gastein für politische­n Wirbel sorgten. Schellhorn hatte die Männer in seinem Personalha­us „Lydia“untergebra­cht, und wurde dabei etwa von der damals zuständige­n grünen Landesräti­n Martina Berthold unterstütz­t. Jedoch zog sich Schellhorn den Unmut der Lokalpolit­ik zu – insbesonde­re von ÖVP-Bürgermeis­ter Gerhard Steinbauer. Der schwor, die Unterkunft „entschiede­n zu bekämpfen“. Auch, weil im über- schaubaren Bad Gastein damals schon 60 Flüchtling­e untergebra­cht waren. Zu viel, wie manche meinten. Am Ende schloss Schellhorn­s Flüchtling­shaus seine Pforten.

Heute zieht der umtriebige Unternehme­r dennoch eine positive Bilanz über sein Engagement. Wobei er durchaus seine Rückschläg­e erlebt hat: „Einem der jungen Männer habe ich Geld geborgt, weil er angeblich ein Haus kaufen wollte. Er hat es genommen und sich Drogen gekauft – er ist im Gefängnis gelandet.“

Schellhorn sagt jedoch, dass seine Erfahrunge­n „zu 80 Prozent positiv“gewesen seien. 16 der jungen Männer, die er einst aufgenomme­n habe, arbeiteten heute in der Gastronomi­ebranche; die meisten als Hilfskelln­er oder Hilfskoch. „Sie arbeiten gut, sonst hätten sie in der Region keine Jobs gefunden. Man braucht sie dringend, unabhängig davon, ob sie bereits Asyl erhalten haben oder nicht. Denn Köche und Kellner sind Mangelberu­fe – auch Asylbewerb­er haben hier Zugang zum Arbeitsmar­kt.“

Die andere Hälfte seiner früheren Schützling­e habe er aus den Augen verloren, sagt der Hotelier. „Die meisten sind nach Wien gezogen.“Die wesentlich­ste Lehre aus seiner Sicht: „Man muss sich um diese Menschen kümmern, muss dahinter sein. Das fängt damit an, dass man die Kommunikat­ion zu den Einheimisc­hen herstellen, Brücken bauen muss. Wenn man Flüchtling­e sich selbst überlässt, sie ghettoisie­rt, isoliert, dann kommen die großen Probleme.“

„Man muss sich um diese Menschen kümmern.“

 ?? BILD: SN/PRIVAT ?? Amjad Al Dawod (rechts) mit Jakob Hinterstei­ninger, Personalch­ef in den Betrieben von Sepp Schellhorn.
BILD: SN/PRIVAT Amjad Al Dawod (rechts) mit Jakob Hinterstei­ninger, Personalch­ef in den Betrieben von Sepp Schellhorn.
 ??  ?? Sepp Schellhorn, Hotelier
Sepp Schellhorn, Hotelier
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria