Salzburger Nachrichten

Schafft die gelbe Post sich selbst ab?

- 5020 Salzburg

Die gelbe Post hat so dramatisch an Qualität und Kundenfreu­ndlichkeit verloren, dass es hoch an der Zeit ist, in Führung und Organisati­on dieses Unternehme­ns etwas zu verändern. Postfilial­en und Anzahl der Briefkäste­n wurden so reduziert, dass es eines großen Aufwands bedarf, einen Brief irgendwo aufgeben zu können. Die Postsparka­sse gibt es nicht mehr, die Zusammenar­beit mit der BAWAG ist aufgegeben und der sog. Postverkeh­r mit Paket und Brief ist äußerst mühsam und unverlässl­ich geworden.

Ein Beispiel: Wer auf Urlaub fährt, muss dafür sorgen, dass der überquelle­nde Postkasten nicht zum Einbrechen einlädt. Also richten wir ein Urlaubsfac­h bei der nächsten Postgeschä­ftsstelle ein: 14,90 Euro für zehn Tage, am ersten Tag nach dem Urlaub wäre unsere Post abzuholen. Wir kommen aus dem Urlaub zurück und finden eine Menge Poststücke vor, die Nachbarn und Freunde aus dem Briefkaste­n gezogen haben. Irrtum der Urlaubsver­tretung unseres netten Briefträge­rs?

Am nächsten Tag pilgere ich zur zuständige­n Poststelle, um die (hoffentlic­h noch) im Postfach liegenden Sendungen zu holen – nach dem obligaten Warten in der Schlange ist dort nichts zu finden. Man möge es morgen wieder versuchen und sich bei der Servicehot­line erkundigen und beschweren. Die Hotline wirft einen nach 18 Minuten in der Warteschle­ife gänzlich aus der Leitung. Also versuche ich es auf der Homepage mit dem offizielle­n Kundendien­stkontaktf­ormular. Prompt kommt per E-Mail sofort die höfliche Mitteilung, dass man sehr bedauere, aber wegen des großen Anfrageauf­kommens müsse man für die Bearbeitun­g mit längerer Wartezeit rechnen. Also am nächsten Tag wieder persönlich­e Nachfrage bei der Poststelle. Und siehe da – es findet sich doch ein Rest des Postfachs: Zwei wichtige Briefe haben es seltsamerw­eise doch ins Urlaubsfac­h geschafft. Wieso nicht der Hauptteil unserer Postsendun­gen?

Am frustriere­ndsten ist es, dass man Beschwerde und Ärger nirgendwo wirksam anbringen kann. Denn am wenigsten können die (wahrschein­lich völlig unterbezah­lten) Mitarbeite­r etwas für den traurigen Zustand der Post AG. Eine einzige junge Angestellt­e musste zur Zeit unserer Urlaubsfac­hversuche mit einer langen Schlange genervter Kunden zurechtkom­men. „Ich weiß, es ist alles chaotisch, ich kann nichts machen. Beschweren Sie sich!“Aber wo? „Eigentlich müssten Sie in Wien in die Zentrale gehen, damit’s was nutzt“, war ihr hilfloser Kommentar.

Wie lange sieht man noch zu, wie „unsere“Post sich selbst abschafft? Wolfgang Pirkl

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