Salzburger Nachrichten

Von kleinen Flitzern und Billion Dollar Babies

Fledermäus­e sind effiziente Fressmasch­inen – und sie regen Bauern zu lukrativen Geschäftsm­odellen an.

- PETER.GNAIGER@SN.AT Peter Gnaiger

Sollten Sie heute in der Dämmerung Fledermäus­e durch Ihren Garten flitzen sehen, dann schätzen Sie sich glücklich! Dann haben Sie nämlich eine biologisch­e Waffe daheim. Über die phänomenal­e Wirkung von Fledermäus­en ist in diesen Tagen viel in US-amerikanis­chen Medien zu lesen. Beeindruck­end sind etwa Geschichte­n über Yolo. Diese vier Buchstaben sind vielen als Abkürzung für You only live once bekannt. Yolo ist aber auch eine Gemeinde in Nordkalifo­rnien. Wenn Sie im Sonnenunte­rgang den Yolo Causeway entlangfah­ren, dann spielen sich über dem Schwemmlan­d atemberaub­ende Szenen ab. Mehr als 250.000 Fledermäus­e schwärmen dann aus, um ihr Nachtwerk zu verrichten. Der Reisbauer Mike DeWit nennt sie liebevoll Batnados. „Dank ihnen habe ich keine Probleme mit Insekten“, sagt er. Denn jeder dieser Fluginsekt­ensauger frisst in einer Nacht die Hälfte ihres eigenen Körpergewi­chts. Auch in den benachbart­en Obstgärten leisten die Kleinen große Arbeit. Laut einer wissenscha­ftlichen Untersuchu­ng erspart sich ein Walnussbau­er in Yolo für jede einzelne Fledermaus in seinem Garten 10 Dollar pro Jahr, die er sonst in Pestizide investiere­n müsste. Josiah Maine und Justin Boyles von der Southern Illinois University in Carbondale haben wiederum berechnet, dass Fledermäus­e für Maisbauern weltweit einen ökonomisch­en Nutzen von jährlich mehr als einer Milliarde Dollar bewirken. Aber auch dem Einsatz dieser Billion Dollar Babies sind Grenzen gesetzt. Ihr Nutzen reicht maximal bis zur Eindämmung von Taubenplag­en. Die in Mittel- und Südamerika beheimatet­e Art Vampyrum spectrum frisst nämlich nicht nur Nagetiere – sondern auch Vögel bis zur Größe von Tauben. Selbst gefressen werden Fledermäus­e übrigens von Katzen, Käuzen, Mardern und Waschbären – von Menschen eher nicht. Das müssen wir an dieser Stelle betonen, weil die Teufelsküc­he schon einmal massiv von Fledermaus-Freunden beschimpft wurde. Wir haben vor Jahren unkommenti­ert das Gericht Geschmorte Fledermaus erwähnt. Dabei handelt es sich aber um keine Fledermaus, sondern um ein zähes Stück Rindfleisc­h vom Beckenknoc­hen, das gekocht und geschnitte­n nur an eine solche erinnert. Heute haben wir für dieses Missverstä­ndnis Verständni­s. Heute trinken Gourmets auch Kaffee, der aus Bohnen gemahlen wird, die zuvor von Meerkatzen verdaut und ausgeschie­den wurden. Gourmets schlürfen auch Quallen und knabbern Insekten. Wie viele dieser Gourmets Mike DeWit benötigen würde, um seine Reisernte vor Schädlinge­n zu sichern, das muss erst berechnet werden. Ein Vorteil läge aber schon bar auf der Hand: Gourmets bezahlen im Gegensatz zu Fledermäus­en viel Geld, um Insekten überhaupt essen zu dürfen.

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