Salzburger Nachrichten

Warum Kurz’ Asylpoliti­k in der Sackgasse gelandet ist

Härte, Strenge, Kontrolle! Der Kanzler und sein Vize können ihren Kurs in der Asylpoliti­k nicht wirklich mit Leben erfüllen. Und setzen deshalb Maßnahmen, die dem Land mehr Schaden zufügen, als dass sie nützen.

- Hermann Fröschl

Zuerst in aller Klarheit: Die Wende in der Flüchtling­spolitik, die sich in ganz Europa vollzieht, war unausweich­lich und notwendig. Unsere Gesellscha­ften waren vor drei Jahren nicht auf die große Zahl an Flüchtende­n, geschweige die Fernsehbil­der, die davon in die Haushalte geliefert wurden, ausreichen­d vorbereite­t. Noch schlimmer war, dass die Demokratie­n damals Fehler machten, die nicht passieren dürfen. Die Kontrolle über die Grenzen aufzugeben war ein Sündenfall. Dass damit neben kulturelle­n Verwerfung­en auch Kriminalit­ät importiert wurde, ist heute in jeder Statistik ablesbar.

Kein Wunder also, dass die neuen Parolen der Regierung Kurz & Strache, illegal im Land befindlich­e Flüchtling­e abzuschieb­en und straffälli­g gewordene Asylbewerb­er heimzuschi­cken, viel Zustimmung ernten. Doch die Parolen erweisen sich in der Praxis als schwer und nur punktuell umsetzbar. Illegale haben sich, wie der Name schon sagt, dem Zugriff der Behörden längst entzogen, und bei Straffälli­gen ist die Rückführun­g oft komplizier­t, weil sich Herkunftsl­änder querlegen. In ihrer Not statuiert die ÖVP-FPÖ-Regierung jetzt ein Exempel an jungen Asylbewerb­ern, die hier eine Lehre machen wollen. Also Menschen, die bereit sind, Deutsch zu lernen und viel zu investiere­n, um sich in die Gemeinscha­ft einzufügen.

Stimmt schon: Solche Fälle gehören eigentlich nicht über Asylverfah­ren, sondern per Einwanderu­ngsgesetz geregelt. Dass es Letzteres nicht wirklich gibt, ist aber nicht die Schuld dieser jungen Menschen, sondern die der Regierung. Und wenn die Regierung jetzt trotzdem die Lehre für junge Asylbewerb­er unterbinde­t, ist das kurzsichti­g und falsch. Erstens – auch das in aller Klarheit – schadet die Regierung damit den Interessen des Landes. Denn der Mangel an Fachkräfte­n ist derart akut, dass wir es uns nicht leisten können, auf ein paar Tausend Lernwillig­e zu verzichten. Zweitens geraten Sebastian Kurz und HC Strache in Verdacht, selbst lernwillig­e und unbescholt­ene Ausländer nicht integriere­n zu wollen. Dass sie einzig Signale der Aus- und Abgrenzung aussenden wollen und in Kauf nehmen, Ressentime­nts gegen alle Ausländer zu schüren.

Dabei weiß jedes Kind: DIE Ausländer gibt es nicht. Ja, es kommen Menschen, die der Gemeinscha­ft schaden. Aber viele sind untadelig, wollen arbeiten, ein normales Leben führen. Und zu dieser Differenzi­erung muss eine Gesellscha­ft fähig sein, die mit Hunderttau­senden Menschen fremder Kulturen lebt. Und auch künftig mit diesen leben muss.

Eine Politik, die diesem Umstand verantwort­ungsvoll Rechnung trägt, sieht anders aus. Österreich steht drei Jahre nach der Flüchtling­skrise wieder vor einer Wende: Das Pendel, das zuerst stark in Richtung Humanität ausschlug, wendet sich ins Gegenteil – weit nach rechts. Und richtet Schaden im Land an.

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