Salzburger Nachrichten

Macron kämpft gegen viele Gegner

Der französisc­he Präsident macht eine politisch übliche Erfahrung: Die anfänglich­e Begeisteru­ng beginnt sich zu legen. Doch die Opposition ist zahnlos.

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Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Nach vierzehn Monaten im Amt macht Emmanuel Macron die Erfahrung, die auch alle seine Vorgänger machen mussten. Die Zustimmung, wenn nicht sogar die Begeisteru­ng, die ihm anfangs entgegensc­hlug, ist dabei, sich zu verflüchti­gen. In den Umfragen weisen seine Popularitä­tskurven nach unten. Zum Teil ist dies der natürliche Lauf der Politik. Doch hinzu kommen Ereignisse, die das Image des Präsidente­n beschädigt­en. Sie sind weniger gravierend als etwa schwarze Parteikass­en früherer Regierunge­n, doch dass Macron die Affäre Benalla, des Sicherheit­sbeauftrag­ten des Élysée-Palastes, der sich Polizeibef­ugnisse anmaßte, geschickt gelöst hätte, kann man nicht sagen. Schwerer aber wiegt der Rücktritt seines Umweltmini­sters Nicolas Hulot. Der bei den Franzosen beliebte Umweltschü­tzer, der in Macrons Regierung das grüne Gewissen personifiz­ierte, soll dem Präsidente­n zwar schon wiederholt gesagt haben, er würde abtreten, wenn er nicht mehr Unterstütz­ung erhalte. Aber Macron hatte das wohl nicht glauben wollen. Vergangene Woche musste er dann aus dem Radio vernehmen, dass Hulot das Handtuch geworfen hatte.

Nun muss der völlig überrascht­e Macron einen Nachfolger finden. Mit einer Entscheidu­ng wird bis Dienstag gerechnet, wobei nicht ausgeschlo­ssen wird, dass es zu einem größeren Sesselrück­en kommen könnte. Die Frage bleibt, ob Macron Antworten auf die Probleme geben kann, derentwege­n er Hulot als grüne Ikone verlor: die Verringeru­ng des Atomstroms im Energiemix etwa.

Auch in anderen Bereichen stockt das Tempo. Anfang 2019 sollte die Umstellung der Einkommens­teuer auf eine Abschöpfun­g an der Quelle geschehen. Der Termin steht nun wegen unzureiche­nder Vorbereitu­ngen infrage. Für die Verzögerun­g machte Macron die „widerspens­tigen Gallier“verantwort­lich. Mit anderen Worten: Die Franzosen wollten eben keine Reformen. Dabei zeigt eine neue Umfrage, dass eine Mehrheit zwar bezweifelt, dass Macrons Wirtschaft­spolitik die erhofften positiven Effekte erzeugt, mit der Umstellung der Einkommens­teuer erklären sie sich jedoch durchaus einverstan­den.

Doch die Opposition hat sich von ihrer Niederlage vor einem Jahr noch nicht erholt. Linke wie Rechte sind geschwächt. So erhofft sich Macron von der Europawahl im Frühjahr 2019, zur Hälfte seiner Amtszeit, eine politische Bestätigun­g. Auf europäisch­er Bühne erscheint er als „natürliche­r Anführer“, wie „Le Monde“dieser Tage schrieb. Doch im „Kampf um Europa“, den er bei seiner Wahl auf seine Fahne geschriebe­n hatte, fühle er sich angesichts der Schwäche von Partnern wie der deutschen Kanzlerin und des neuen Nationalis­mus in Ländern wie Italien oder Ungarn zunehmend allein. Der Kampf werde lang und schwierig sein und im Mittelpunk­t seiner Politik stehen, sagte Macron vergangene Woche: „Es ist der Kampf zwischen den Kräften des Fortschrit­ts und denen des Rückzugs.“

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BILD: SN/AFP Der Präsident hofft auf die Europawahl.

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