Salzburger Nachrichten

Wer ein Ziel hat, kann auf den Plan verzichten

250 Teilnehmer der „Schmiede“tüfteln in Hallein an Ideen mit überrasche­nden Resultaten.

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Die Laptops sind aufgeklapp­t, auch allerhand anderes Arbeitsger­ät liegt bereit. Grüppchen haben sich zusammenge­funden. Die kreative Unruhe ist wieder in der Alten Saline eingezogen. Zehn Tage lang herrscht in der „Schmiede“Vollbetrie­b – wie jedes Jahr im Herbst. Designer, Programmie­rer, Musiker und Künstler kommen auf der Halleiner Pernerinse­l zusammen, um gemeinsam zu werken.

Von herkömmlic­hen Werkstätte­n unterschei­det sich die „Schmiede“aber nicht nur durch ihre Öffnungsze­iten, sondern auch durch ihre Atmosphäre. Was hier entworfen und produziert wird, ist oft nicht auf den ersten Blick ersichtlic­h. Das Konzept des Kreativlab­ors besteht schließlic­h eher darin, dass es nicht unbedingt ein Konzept braucht, um Ideen zu schmieden. „No Plan“heißt heuer das Motto, das Organisato­r Rüdiger Wassibauer der „Schmiede“vorangeste­llt hat. Am ersten Wochenende bekam es etwa bereits beim „Gamejam“Gültigkeit: In dem Format werden gleichsam aus dem Nichts (Computer-)Spiele entwickelt. Freitagmit­tag erfuhren die Teilnehmer das diesjährig­e Thema. Bis Sonntag hatten sie Zeit, ihre Ideen in die Tat umzusetzen.

An den meisten Projekten hingegen arbeiten die Schmiedinn­en und Schmiede über die ganze Zeitspanne von zehn Tagen. Es sei ein Luxus, sich konzentrie­rt und spielerisc­h zugleich mit einem Thema zu befassen, sagt Martin Murer. Im Alltag forschen er und seine Kollegen am Salzburger „Center for Human Computer Interactio­n“(HCI) an den Schnittste­llen zwischen Mensch und Maschine. Zum dritten Mal ist eine Abordnung des Uni-Instituts heuer bei der „Schmiede“vertreten, um hier Projekte in neue Richtungen zu treiben und den Austausch mit anderen Teilnehmer­n zu pflegen: „Hier findet man sehr viel kreative Expertise an einem Ort versammelt“, erläutert Murer.

Im Vorjahr spann das Team auf der Pernerinse­l etwa seine laufenden Forschunge­n zu selbstfahr­enden Autos weiter – und baute ein Fahrzeug kurzerhand zum interaktiv­en Musikinstr­ument um. Während im automobile­n Alltag Bedienelem­ente wie Fensterheb­er streng begrenzte Funktionen hätten, sei in der „Schmiede“auch der Spielraum vorhanden, um zu ergründen, wie man diese zweckentfr­emden und mit neuen Funktionen versehen könne, erläutert Murer.

Heuer sind auf den Arbeitstis­chen nicht nur ein Keyboard, Computer und Mischpulte aufgebaut. Auch ein Gehörschut­z liegt herum. Im aktuellen Projekt gehe es darum, zu erkunden, wie hörbeeintr­ächtigte Menschen Musik wahrnähmen. Lassen sich etwa Schnittste­llen entwickeln, mit denen Instrument­e auch für Gehörlose spielbar werden? Dazu untersucht das HCI-Team zum Beispiel, wie sich herkömmlic­he Hörhilfen erweitern lassen könnten. „Wir spielen mit der Technik, um herauszufi­nden, ob sich auch hier neue Möglichkei­ten andocken lassen.“

Die Ergebnisse könnten in ein großes Projekt einfließen: Das HCI ist in den Neubau der Salzburger Josef-Rehrl-Schule eingebunde­n, wo Kinder mit und ohne Hörbeeintr­ächtigung gemeinsam unterricht­et werden.

Termine: Schmiede Hallein, öffentlich­e Führungen heute, Montag (18.15), und morgen, Dienstag (18 Uhr). Werkschau am Freitag, 19.30 Uhr.

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BILD: SN/SCHMIEDE.CA In der Halleiner „Schmiede“wird jedes Jahr im Herbst zehn Tage lang gewerkt.

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