Enttäuschung statt Triumph
Ferrari dominierte daheim bis acht Runden vor Schluss. Dann zog Hamilton an Räikkönen vorbei. Für Vettel war Platz vier nach Kollision nur Schadensbegrenzung und ein Rückschlag in der WM.
Es war eigentlich alles angerichtet für die große Party. Ferrari unterstrich die Favoritenrolle im Heimrennen in Monza über das gesamte Wochenende. Und die Rivalen von Mercedes räumten sogar ein, dass Ferrari einen Vorsprung erarbeitet habe – erstmals in der Ära der Hybridantriebe. 90.000 Tifosi waren Sonntag in Monza bereit für die große Feier und Sebastian Vettels Aufholen in der WM.
Doch zwei Kilometer nach dem Start kam der erste Rückschlag, acht Runden vor Schluss der zweite. In Runde eins kollidierten in der Roggia-Schikane Vettel, als Zweiter gestartet, und der Quali-Dritte Lewis Hamilton im Mercedes. Der Ferrari wurde umgedreht, der Mercedes überstand die Berührung, die die Stewards als nicht strafwürdig erachteten. „Hamilton ließ mir keinen Platz“, sollte Vettel nachher festhalten. Der Überraschungs-Pole-Sitter Räikkönen dominierte das Rennen, schien lang mit einem früheren Reifenwechsel als Hamilton die richtige Strategie zu haben. Doch es reichte nicht. „Unser Paket war heute schnell genug für den Sieg. In den letzten Runden waren meine Reifen am Ende. Ich konnte nicht mehr dagegenhalten. Sorry, dass ich euch heute keinen Sieg schenken konnte“, rief der dennoch gefeierte Finne den Fans zu. Sein 100. Podium war keine wirkliche Genugtuung für den entgangenen 21. Sieg, den ersten seit Melbourne 2013 (damals im Lotus-Renault!).
Obwohl Vettel nach dem Boxenstopp nach Runde eins aggressiv durchs Feld pflügte und schließlich noch Rang vier (nach einer Fünf-Sekunden-Strafe für Max Verstappen wegen Blockierens von Valtteri Bottas im Kampf um Platz drei) holte, waren diese Punkte nicht mehr als Schadensbegrenzung – der Deutsche kommt nun mit 30 Zählern Rückstand auf Hamilton zum nächsten Rennen in Singapur.
Hamilton wurde nicht müde zu betonen, wie hart dieser 68. Karrieresieg in der Formel 1 gewesen sei. Und er bedankte sich bei Teamkollegen Bottas (3.) für die „Hilfe“, weil der seinen Landsmann Räikkönen rundenlang aufgehalten hatte. Auch wenn der Engländer Ferrari zur großen Leistung in Monza gratulierte, hielt er auch in Anspielung auf Kritik an ihm fest: „Es gab viel Negatives hier, aber ich konnte alles ins Positive drehen. Das ist einer der aufregendsten Siege meiner Laufbahn an einer der großen Stätten des Motorsports. Ein Sieg hier ist eine Ehre.“Es war sein fünfter in Monza, der fünfte für Mercedes im Autodrom in Folge, wo Ferrari weiter auf den ersten Erfolg seit 2010 warten muss.
Der Rest der Dreiklassengesellschaft Formel 1 war Statisterie. Auch Red Bull. Zwar konnte Verstappen lang Bottas hinter sich halten, doch Daniel Ricciardo musste seinen RB14 in Runde 25 nach einem Defekt abstellen – das Team wollte vorerst nicht von einem Motorschaden sprechen. Red Bull setzte in Monza erstmals den neuen Renault-Antrieb („Spec C“) ein, dessen Haltbarkeit vom Hersteller selbst bezweifelt worden war. Verstappen war über die Zeitstrafe erwartungsgemäß erbost.
Der Franzose Romain Grosjean ist am Sonntagabend nachträglich ausgeschlossen worden. Am Haas-Rennwagen stellten die Rennkommissare in Monza einen illegalen Unterboden fest.