Salzburger Nachrichten

Atomkraft schadet vor allem dem Steuerzahl­er

Österreich kämpft weiter gegen den Bau des britischen AKW Hinkley Point. Die Briten sollten uns dafür dankbar sein.

- Stephanie Pack-Homolka STEPHANIE.PACK@SN.AT

In der Hälfte der EU-Länder stehen aktive Atomkraftw­erke, in der anderen Hälfte nicht. Aber selbst unter den AKW-freien Staaten findet sich kaum einer, der mit solcher Vehemenz gegen Kernkraftw­erke auftritt wie Österreich.

Hier ist die Ablehnung eine Grundsatzf­rage, ja fast schon eine Glaubensfr­age. Um andere vom Atomaussti­eg zu überzeugen, bedarf es aber stichhalti­ger Argumente, die gegen weitere Investitio­nen sprechen. Davon gibt es zum Glück genug.

So alt wie die Technologi­e selbst ist das Problem der Entsorgung von atomarem Müll. Diese ist komplizier­t, unsicher und teuer.

Dazu kommen die Sicherheit­srisiken der Reaktoren selbst. Zwar hat es nach dem Atomunfall in Fukushima Sicherheit­s- und Risikounte­rsuchungen an allen Kraftwerke­n in Europa gegeben, trotzdem werden immer wieder Störfälle gemeldet. Vor allem in den alten Reaktoren in Belgien oder Frankreich wächst das Problem.

Bei allen, die vor diesen Risiken die Augen verschließ­en, sollte aber zumindest ein Argument ziehen: Atomkraft ist teuer. Ohne staatliche Förderunge­n ist kein Kraftwerk zu bauen, ist kein Kraftwerk auch nur annähernd konkurrenz­fähig. Mit staatliche­n Förderunge­n bauen bedeutet: mit dem Geld von Steuerzahl­ern. Es sind private Betreiberf­irmen wie die Électricit­é de France, die davon profitiere­n. Dem Unternehme­n wird im Fall von Hinkley Point C, das 2023 den Betrieb an der südenglisc­hen Küste aufnehmen soll, unter anderem ein garantiert­er Abnahmepre­is für seinen Strom zugesicher­t – und zwar über mehr als 30 Jahre. Das ist mehr als die Hälfte der vom Hersteller prognostiz­ierten Laufzeit des AKW.

Der Steuerzahl­er zahlt doppelt drauf: Durch den garantiert­en Abnahmepre­is darf er vermutlich mehr für den Strom bezahlen, als in den kommenden Jahren notwendig wäre. Zudem muss er eine Technologi­e finanziere­n, die auf sich gestellt nicht rentabel und zukunftsfä­hig ist. Denn so jung ist die jahrzehnte­alte Atomkraft nicht, dass die Subvention­en als Anlauffina­nzierung durchgehen könnten.

Das alles ist nicht nur ein Nachteil für Konsumente­n, sondern auch für Mitbewerbe­r am Energiemar­kt. Es verzerrt den Wettbewerb, wenn eine unrentable Technologi­e mit Subvention­en künstlich am Leben erhalten wird. Dass die EU-Kommission und der Europäisch­e Gerichtsho­f das anders sehen, ist erstaunlic­h. Dass sie ihre Meinung dank der österreich­ischen Berufung ändern, ist leider unwahrsche­inlich.

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