1848 – Die vergessene Revolution
Eine neue Ausstellung erinnert an ein Ereignis, auf das sich SPÖ wie auch FPÖ berufen.
Das Jubiläumsjahr 2018 steht im Zeichen des „Anschlusses“1938. Von der Republik-Gründung 1918 ist schon viel weniger die Rede und von der Revolution 1848 fast gar nicht. Eine Ausstellung in Wien will das ändern. Sie findet dort statt, wo die Revolution damals ihren Anfang genommen hat – im niederösterreichischen Ständehaus in der Wiener Herrengasse. Dort forderten Studenten und Intellektuelle am 13. März 1848 in Petitionen Rede- und Versammlungsfreiheit, Demokratie und Verfassung, soziale Fürsorge und nationale Selbstbestimmung. Diese Forderungen wurden in ganz Europa erhoben.
Zu Beginn feierten die Revolutionäre Erfolge, etwa indem sie den autoritären Kanzler Metternich zur Abdankung und zur Flucht ins Ausland zwangen. Auch die Befreiung der Bauern aus der Abhängigkeit vom Grundherrn stand auf der Habenseite der Revolution.
Doch die Bewegung für Recht und Freiheit geriet in ein teils jakobinisches, teils nationalistisches Fahrwasser. Zwei Mal mussten der Hof und die Kaiserfamilie überstürzt aus Wien fliehen. Dann schlug das alte Regime zurück.
Es kam zu einem blutigen Kampf um Wien und zu Gräueltaten auf beiden Seiten. Kriegsminister Latour wurde von der Menge auf einem Laternenmast gehenkt. Die Revolutionäre errichteten 160 Barrikaden, wurden aber vom Militär besiegt. Im Herbst 1848 war die Revolution niedergeschlagen, ihre führenden Köpfe wurden hingerichtet. Insgesamt gab es 3000 bis 4000 Tote. Im Dezember 1848 bestieg Kaiser Franz Joseph den Thron, die Phase des Neoabsolutismus begann.
Heute berufen sich sowohl die Sozialdemokratie als auch das Dritte Lager auf 1848. Umso erstaunlicher ist, dass es in Wien kaum öffentliche Erinnerungen an die Revolution gibt. Auf dem Wiener Zentralfriedhof steht zwar ein Obelisk, der den Opfern der Kämpfe gewidmet ist. Seine Inschrift war aber politisch derart umstritten, dass man sich schließlich nur auf „13. März 1848“einigen konnte. Die Organisatoren der Ausstellung bemühten sich, den Obelisken an einen zentralen Ort der Stadt zu versetzen. Doch der Plan sei daran gescheitert, dass der Obelisk als Teil einer Grabstelle gelte, berichteten Michaela Maier vom Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung und Wolfgang Maderthaner, der Generaldirektor des Staatsarchivs. Dritter Kooperationspartner der Ausstellung ist das niederösterreichische Haus der Geschichte.
Die Schau ist frei zugänglich und bietet einen detaillierten Überblick über das Revolutionsgeschehen von 1848. Zusätzlich reizvoll ist: Man bekommt prachtvolle Räume des ehemaligen Ständehauses zu sehen, die ansonsten verschlossen sind.