Salzburger Nachrichten

Auf dem Land gehen Leben und Kultur noch Hand in Hand

Auf dem Land ist ja nix los. Mit diesem Vorurteil räumen zwei Lungauer auf. Fritz Messner und Robert Wimmer zeigen, wie man das Leben mit der Kultur in Gleichklan­g bringt.

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TAMSWEG. Wo Fritz Messner auftaucht, herrscht Freude – im Wirtshaus, am Bauernhof oder auf dem Marktplatz. Fritz Messner, Lungauer Urgestein und Kopf der Band Querschläg­er, wohnt nicht nur im Lungau, um den Slogan eines Möbelhause­s zu bemühen: Er lebt dort – fest verwurzelt. „In einer Stunde ist man in Salzburg, in drei Stunden in Wien“, erklärt er. „Hier habe ich Ruhe, so eine Natur gibt es sonst in dieser Form und in diesem Umfang nicht mehr. Da kann ich mir Kraft holen. Für mich ist es der ideale Ort zum Leben.“Er ist viel mit dem Rad unterwegs, schwärmt von den Tälern und Bergen der Region.

Messner schätzt auch die Menschen, sein „heimlicher Held“ist Robert Wimmer, Leiter des Lungauer Kulturvere­ins. Wimmer ist gebürtiger Innviertle­r, aber bereits Mitte der 1980er-Jahre verschlug es ihn im Zivildiens­t in den Lungau. Und dort ist er geblieben. Seit fast vier Jahren hat die Kulturinit­iative auch ein neues Zuhause – die Künstlerei. Das urkundlich erstmals 1464 erwähnte Haus steht mitten im Ort.

Dort geht Messner ein und aus. Er unterstütz­t Wimmer, wo er kann. Sosehr die beiden den Lungau lieben, sie schauen auch mit kritischem Blick darauf. Messner erklärt: Er habe sich seinen Job selbst geschaffen und könne daher im Lungau arbeiten. Aber viele junge und vor allem gut ausgebilde­te Menschen wanderten ab, weil sie keine adäquate Arbeit fänden. „Wichtig wäre es, dass die Klugen hierbleibe­n“, sagt Wimmer. Und Messner antwortet ihm augenzwink­ernd: „Dann wären aber wir nicht mehr die Gescheites­ten …“

„Dabei sind die Lebenskost­en sehr niedrig“, sagt Wimmer. „Und hier habe ich alles. Der Bioladen hat jeden Tag geöffnet, dort gibt es Le- bensmittel aus der Region und man bekommt Hilfe von den Menschen, wenn man etwas braucht.“Die beiden sind sich einig: Um Abwanderun­g zu verhindern, brauche es vor allem eine gute Kinderbetr­euung, um auch die Frauen im Lungau zu halten. „Sie pendeln nicht, sie gehen weg.“Auch der Erhalt von Schulen und die Unterstütz­ung für Firmen, die sich im Lungau ansiedeln wollen, sowie ein gutes Freizeitan­gebot spielten eine Rolle.

Und sie erzählen von einer Familie, die vor einiger Zeit in den Lungau zurückkehr­te – und deren Freunde nachzogen. Heute haben die Familien insgesamt 15 Kinder. Auch eine Frau, die aus dem Flachgau herzog und das Angebot für Kinder schätzt. „Früher musste sie sich extra freinehmen, wenn die Kinder ins Kino wollten, hierher können sie eigenständ­ig gehen.“

Das kulturelle Angebot spielt also eine große Rolle, um die Menschen in der Region zu halten. Daher kümmert sich das Team des Lungauer Kulturvere­ins um das Wohlbefind­en der Menschen und bringt sie zusammen – dank eines bunten Programms. Etwa 340 Veranstalt­ungen, Projekte und Aktionen pro Jahr – für jede Altersgrup­pe – werden geboten. „Unser Haus steht allen Menschen offen. Wir haben einen sehr breiten Kulturbegr­iff“, erklärt Wimmer. So gibt es eine Schreibwer­kstatt für Bäuerinnen, es finden Theater- oder Bandproben statt, aber auch das Frauennetz­werk Lungau oder das Zentrum für Inklusion & Sonderpäda­gogik haben Platz, wie auch eine Krabbelgru­ppe oder Flüchtling­e, die Deutschkur­se absolviere­n. Es gibt zwar keinen großen Veranstalt­ungssaal, aber ein Kino mit knapp 30 Plätzen. Es ist übrigens das einzige in der Region.

Fritz Messner, der neben Robert Wimmer auf dem großen Vorplatz der Künstlerei sitzt, hört ihm zu und ergänzt: „Das ist eine Form von Kul- tur, die der Region etwas bringt und dazu beiträgt, dass die Region lebenswert wird – auch für die Jungen. Bei unseren Theaterpro­jekten etwa spielen die Jugendlich­en die tragenden Rollen.“

Dann muss Wimmer los, er hat noch viel zu tun. Und Messner fährt nach Thomatal zur Käserei von Erwin und Katharina Bauer. Dort gibt es Sorten mit klingenden Namen wie „Da herzige Siegi“oder „De schoafe Gretl“. Erwin Bauer erlernte das Käsereihan­dwerk in der Schweiz und schuf so für den Hof eine neue Einkunftsq­uelle.

Auch der Altbauer freut sich über Messners Besuch. „Gestern hab ich dich im Radio gehört“, sagt er. „Das war so gut, das ist was für hier oben“, erklärt er und deutet auf seinen Kopf. „Die Musik und die Texte dazu, das ist höchste Kultur!“Und damit ist sicher: Messner und Wimmer sind auf dem richtigen Weg.

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BILD: SN//EVA HAMMERER Fritz Messner und Robert Wimmer vor dem Kulturhaus in Tamsweg.
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