Rekordsommer verabschiedet sich mit einer Unwetter-Serie
Große Hitze und Trockenheit prägten den Sommer 2018 in Österreich. Dann folgten heftige Unwetter. Unter diesen Extremen hat vor allem der Osten des Landes zu leiden.
WIEN. Groß-Enzersdorf, am östlichen Rand von Wien gelegen, gilt als Tor zum Marchfeld. Ostösterreichs größtes Gemüsebeet litt den ganzen Sommer über unter extremer Trockenheit. Kaum ein Tropfen fiel vom Himmel. Dafür öffneten sich am Wochenende die Schleusen – und wie: Innerhalb von 24 Stunden wurden 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen. So viel wie seit 1934 nicht mehr.
Die Marchfeldgemeinde steht stellvertretend für viele Regionen des Landes: Ein Rekordsommer verabschiedet sich mit Rekordregenmengen. Berechnungen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zufolge wurden am Wochenende an 76 Messstellen in ganz Österreich mindestens 50 Liter Regen pro Quadratmeter registriert. Die Folgen waren Hunderte Feuerwehreinsätze, Schlammlawinen, die sich durch Dörfer wälzten und reichlich geflutete Keller.
„Schuld“daran ist ein Tiefdruckgebiet über Norditalien, dass vor allem dem Süden und Osten bis einschließlich heute, Dienstag, sehr feuchte und gewitteranfällige Luft und große Regenmengen beschert.
Doch zurück zum Sommer: „Er liegt um 2,0 Grad über dem vieljährigen Mittel und damit auf dem vierten Platz in der Reihe der wärmsten Sommer der österreichischen Messgeschichte seit 1767“, analysiert ZAMG-Klimatologe Alexander Orlik. Nur 2003, 2015 und 2017 waren heißer. Die Plätze sieben und neun belegen 2012 und 2013. Somit fallen sechs der zehn heißesten Sommer seit 252 Jahren ins 21. Jahrhundert. Was die Hitzetage betrifft, liegt 2018 ebenfalls ganz vorn. Zum Vergleich: Der Mittelwert der Messstation Wien-Innere Stadt (1981–2010) beträgt 21 Tage mit mindestens 30 Grad. Heuer waren es 42 Tage. In Salzburg-Freisaal, wo der Mittelwert bei zehn liegt, waren es 34. In Bregenz 19 (Durchschnitt: vier). Und weil es – besonders in Städten – auch abends kaum noch abkühlte, gab es dazu noch jede Menge Tropennächte. Damit sind jene Nächte gemeint, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt. Davon gab es in Wien-Innere Stadt 39 (Durchschnittswert: 15,5), in Wien-Hohe Warte 14 (4,0), in Eisenstadt 16 (3,4) und in Linz neun (1,6).
Der Sommer 2018 war, wie Meteorologen sagen, von Blockadewetter geprägt. Das sind Wettersysteme, die sich lang über einem Gebiet halten und dort entweder für Kälte, Hitze, Trockenheit oder Nässe sorgen. Beeinflusst werden sie unter anderem von der Erwärmung der Arktis. Die Wissenschaft geht längst davon aus, dass diese nun häufiger auftretenden Phänomene zumindest teilweise vom Menschen verursacht werden: Stichwort Klimawandel.
Die Auswirkungen sind auch im Kleinen gut zu beobachten. Ein Beispiel aus der Pflanzenwelt: Beim Schwarzen Holunder lagen zwischen dem Beginn der Blüte und dem Beginn der Reife nur 73 Tage. Das ist der kürzeste jemals beobachtete Zeitraum. In einem durchschnittlichen Jahr sind es 93 Tage. Bei Roter Johannisbeere und Marille war die Situation ähnlich.