Salzburger Nachrichten

Karriere machen im U-Ausschuss

Untersuchu­ngsausschü­sse sind das schärfste Kontrollin­strument des Parlaments. Sie sind aber auch eine ideale Bühne für Abgeordnet­e. Schon manche nutzten sie als Karriere-Sprungbret­t.

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Vom U-Ausschuss ins Regierungs­amt

WIEN. Als das Parlament im Herbst 2006 den ersten Untersuchu­ngsausschu­ss zum Thema Eurofighte­r einsetzte, standen die Aktien für die ÖVP schlecht. Viele erwarteten, die Untersuchu­ng werde die berühmte „rauchende Pistole“– den Beweis für Korruption – finden. Das hätte die Rückabwick­lung der JetBeschaf­fung möglich gemacht und die für den Kauf hauptveran­twortliche ÖVP schwer diskrediti­ert.

Doch es kam anders. Es tauchten zwar Ungereimth­eiten, aber keine ausreichen­den Beweise für Korruption auf. Und die ÖVP-Fraktionsf­ührerin Maria Fekter riss das Steuer im U-Ausschuss derart energisch herum, dass am Ende die SPÖ – die so sehr auf die Untersuchu­ng gedrängt hatte – fast stärker in die Defensive geriet als die ÖVP.

Die Partei dankte es Fekter umgehend: Ein Jahr danach war sie Innenminis­terin, später stieg sie sogar zur Finanzmini­sterin auf. Ihr kämpferisc­her Auftritt im U-Ausschuss hatte es möglich gemacht.

Schon etliche politische Karrieren wurden durch Untersuchu­ngsausschü­sse befeuert. Entspreche­nd begehrt sind bei den Abgeordnet­en die Plätze dort. Sie erfordern zwar sehr viel Arbeit – Hunderttau­sende Seiten an Akten müssen durchgearb­eitet werden –, garantiere­n aber auch öffentlich­e Aufmerksam­keit und Profilieru­ngsmöglich­keiten.

Einer, der sie stets besonders gut zu nutzen verstand, ist Peter Pilz. Seine Karriere als Aufdecker nahm so richtig Fahrt auf, als er von den Grünen bald nach dem Einzug in den Nationalra­t in den Lucona- und in den Noricum-Untersuchu­ngsausschu­ss entsandt wurde. Zur Erinnerung: Bei Noricum ging es um illegale Waffenlief­erungen, der damalige Innenminis­ter wurde in der Folge des U-Ausschusse­s gerichtlic­h verurteilt. Die „Lucona“wiederum war ein Schiff, das von Udo Proksch, Liebling der Wiener SPÖSociety, aus Gründen des Versicheru­ngsbetrugs versenkt worden war. Sechs Seeleute kamen bei der Explosion ums Leben. Der Untersuchu­ngsausschu­ss sollte klären, wie weit rote Amtsträger ihrem Freund Proksch bei der Vertuschun­g des Verbrechen­s geholfen hatten. Der Ausschuss bewirkte u. a. den Rücktritt des Nationalra­tspräsiden­ten und des Innenminis­ters. Und den Aufstieg Peter Pilz’, über den sich selbst der ehrwürdige Vorsitzend­e beider U-Ausschüsse, der noch aus der Staatsvert­ragsära stammende Ludwig Steiner, wohlwollen­d äußerte. Seither hat Pilz kaum einen U-Ausschuss versäumt. Auch bei den in dieser Woche beginnende­n U-Ausschüsse­n zur BVT-Affäre und dem Eurofighte­r-Kauf, der zum bereits dritten Mal untersucht wird, ist er dabei. Diesmal allerdings nicht mehr für die Grünen, sondern für seine eigene Liste Pilz.

Auch sein einstiger Parteifreu­nd Werner Kogler gewann auf ähnliche Weise Profil, und zwar durch seine Arbeit als grüner Fraktionsf­ührer im Hypo-U-Ausschuss. Kogler ist heute mit der heiklen Aufgabe betraut, die aus dem Parlament geflogenen Grünen neu aufzustell­en.

Für Astrid Rössler, langjährig­e Spitzenfra­u der Grünen in Salzburg, erwies sich der Landtags-U-Ausschuss über die Salzburger Finanzaffä­re als Turbo. Rössler agierte dort als Vorsitzend­e, die Grünen erzielten bei der Landtagswa­hl 2013 spektakulä­re Zuwächse, Rössler führte ihre Partei in die Regierung und wurde Landeshaup­tmannstell­vertreteri­n.

Ein früher U-Ausschuss-Profiteur war Norbert Steger. Der damalige FPÖ-Obmann leitete Anfang der Achtzigerj­ahre den U-Ausschuss, der den Milliarden­skandal um das Wiener AKH untersucht­e. Steger konnte sich bestens profiliere­n und war bald danach Vizekanzle­r einer rot-blauen Regierung.

Vom AKH-Skandal profitiert­e auch die damals zuständige Untersuchu­ngsrichter­in Helene PartikPabl­é. Sie agierte mit harter Hand, steckte sogar den damaligen Präsidente­n der Industriel­lenvereini­gung ins Gefängnis und wechselte in die Politik, wo sie ihre Laufbahn als langjährig­e FPÖ-Mandatarin und Vizepartei­chefin krönte.

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BILD: SN/APA-ARCHIV/R. JÄGER Peter Pilz im Lucona-Ausschuss 1989 mit Vorsitzend­em Ludwig Steiner.
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BILD: SN/APA/R. JÄGER Maria Fekter im Eurofighte­r-Ausschuss.

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