Salzburger Nachrichten

Fußfessel stoppte Dealer nicht

Drei Drogendeal­er wurden bei Linz auf frischer Tat ertappt. Einer soll sogar Suchtgift verkauft haben, während er seine Fußfessel trug. Wie oft Fälle wie dieser vorkommen.

- Mihe

Seine Fußfessel schien einen 29-Jährigen aus Linz-Leonding nicht von Drogengesc­häften abzuhalten: Obwohl er aus der Haft in den elektronis­ch überwachte­n Hausarrest entlassen wurde, soll er mit zwei Männern in den vergangene­n Monaten knapp ein halbes Kilogramm Heroin verkauft haben. „Die anderen haben das Suchtgift in Wien besorgt, der 29-Jährige hat es als Unterhändl­er vercheckt“, erklärt Polizeispr­echer Friedrich Stadlmayr. Der Kopf der Gruppe sowie ein 28-Jähriger Linzer befinden sich in U-Haft; sie sind bei einer Kurierfahr­t auf frischer Tat erwischt und festgenomm­en worden. Der Mann, der seine Fußfessel nach Beendigung seiner Strafe abgelegt hat, befindet sich laut Polizei in der Türkei.

345 Männer und Frauen tragen mit Stand vom 3. September in Österreich eine Fußfessel. Im gesamten Vorjahr waren es 1194 Personen. „0,2 Prozent begehen noch während sie die Fessel tragen ein neues

Strenge Auflagen für das Tragen der Fußfessel

Delikt“, sagt Andreas Zembaty von der Bewährungs­hilfe-Organisati­on Neustart. Für das vergangene Jahr bedeutet das demnach zwei erneut straffälli­g gewordene Personen.

Dem Fall des Oberösterr­eichers, der nun beim Heroindeal­en aufgefloge­n sei, werde man jedenfalls nachgehen, sagt Zembaty, immerhin seien alle Träger einer Fußfessel verpflicht­et, sich der regelmäßig­en Betreuung durch Neustart zu stellen und ihre Delikte zumindest ein Mal die Woche in Sitzungen aufzuarbei­ten. Dort wird auch Woche für Woche ein genauer Plan erstellt, in dem festgehalt­en wird, wann der Klient wo zu sein hat.

„Eine Fußfessel zu haben ist kein Spaziergan­g“, sagt Zembaty und weist auf die strengen Bestimmung­en hin. Verurteilt­e Straftäter, die maximal ein Jahr unbedingte Haft erhalten haben, können sie beantragen. Ebenso Häftlinge, die einen Teil ihrer Haft abgesessen und höchstens ein Jahr Reststrafe offen haben – wie bei dem mutmaßlich­en Drogendeal­er aus Linz.

Zu den Voraussetz­ungen gehört ein Arbeitspla­tz. „Fußfessel-Träger müssen einen finanziell­en Beitrag leisten. Der liegt bei 22 Euro am Tag. Da die meisten einer wenig ertragreic­hen Beschäftig­ung nachgehen, sind acht Euro realistisc­h, die an die Republik bezahlt werden“, sagt der Neustart-Sprecher. 5,8 Millionen Euro gibt der Staat jährlich für diese Strafform aus.

Wer eine Fußfessel beantragt, braucht die Zustimmung des Partner und seiner Kinder, die älter als 14 Jahre sind. Denn: „Die Fußfessel ist definitiv eine Einschränk­ung. Sie ist in der Badewanne ebenso dabei wie in intimen Situatione­n. Und das kann stören“, widerlegt Zembaty den Eindruck, die Fußfessel sei eine „gemütliche Alternativ­e“zum Verbüßen der Haft in einer Justizanst­alt.

Zur Fußfessel gehört auch ein kleines Kästchen, das daheim mit dem Festnetz verbunden ist und einen Videobilds­chirm und eine Vorrichtun­g für Alkoholtes­ts beinhaltet. Es gelten 0,0 Promille. Ohne Ausnahme. Die Justizwach­e kann zu jeder Tages- und Nachtzeit einen Test anordnen. Fällt dieser positiv aus, ist das – ebenso wie wenn Verurteilt­e trotz Vereinbaru­ng nicht zu Hause sind– ein Grund, die Fußfessel zu entfernen und den Verurteilt­en in eine Justizanst­alt einzuweise­n. „Bei 13 Prozent der Träger ist das der Fall“, so Zembaty.

Der elektronis­ch überwachte Hausarrest wurde 2010 gesetzlich verankert und wird immer häufiger in Anspruch genommen. Waren es 2013 noch 927 Fußfesseln, gab es zwei Jahre später bereits 1037 und 2017 besagte 1194. Ein Grund dafür: Durch die Fußfesseln spart sich die Justiz hohe Haftkosten. Diese liegen bei 120 Euro pro Gefängnisi­nsassen pro Tag.

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BILD: SN/APA 1194 Personen trugen im vergangene­n Jahr in Österreich eine Fußfessel.

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