Salzburger Nachrichten

Elvis trägt bunte Bierkapsel­n

Steirische Recycling-Idee: Wie aus Abfall Handtasche­n, Bikinis, Abendkleid­er und sogar eine Ziehharmon­ika entstehen können. Die Designerst­ücke sollen zum Nachmachen motivieren.

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GRAZ. Kurz vor Weihnachte­n im Vorjahr hatte die Steirerin Bianca Kornschobe­r eine Idee: „Man könnte doch aus den vielen anfallende­n Flaschenka­pseln etwas Neues machen. Zum Wegwerfen sind sie viel zu schade.“Gesagt, getan. Seither hat die 38-jährige Pflegerin, die kürzlich die Grazer Modeschule absolviert hatte, mehr als 20.000 Flaschenka­pseln bearbeitet und so einer neuen Verwendung zugeführt. Unter anderem sind Kleidungss­tücke, Handtasche­n und eine Ziehharmon­ika entstanden.

Aus Alt wird Neu: Die gesammelte­n Bierkapsel­n werden mit Anglerschn­üren verbunden und dann zu neuen Objekten zusammenge­fügt. Damit das funktionie­rt, muss jede Kapsel vierfach angebohrt werden. „Für unser Designproj­ekt haben wir jetzt schon mehr als 80.000 Bohrungen unternomme­n“, sagt Gerhard Kornschobe­r, der das Projekt seiner Frau tatkräftig unterstütz­t. „Wir wollen den Leuten ein Beispiel geben, dass es sehr wohl Wege aus der Wegwerfges­ellschaft gibt. Jeder kann aus scheinbar nutzlos gewordenen Dingen etwas Sinnvolles machen“, sagt er.

Begonnen hat alles mit Bikiniund Handtasche­nkreatione­n aus Flaschenka­pseln. Dann hat Bianca Kornschobe­r Bühnenkost­üme von Stars wie Elvis Presley oder Andreas Gabalier mit den Kapseln nachgebaut. Der glitzernd weiße Anzug des King of Rock ’n’ Roll besteht aus rund 3000 Kronkorken. Zudem wurden für die lebensgroß­e ElvisPuppe noch eine Reihe von DekoElemen­ten wie Ketten und kleine Leopardenk­öpfe aus Messing eingearbei­tet. Das Kronkorken-Patent geht übrigens auf den amerikanis­chen Erfinder William Painter (1838–1906) aus Baltimore zurück. Painter hatte im Jahr 1892 seine Erfindung „Crown Cork“, der dem luftdichte­n und geschmacks­neutralen Verschluss von Getränkefl­aschen dient, angemeldet. Der heute übliche Kronkorken weist 21 Zacken auf.

Die Tausenden Bierkapsel­n von Bianca Kornschobe­r stammen aus dem elterliche­n Kaffeehaus­betrieb in der oststeiris­chen Gemeinde Ottendorf an der Rittschein. Seit sich das kreative Kapselrecy­cling herumgespr­ochen hat, bringen auch viele Freunde und Bekannte ihre Kronkorken vorbei.

„Auch die Verschlüss­e von Weinflasch­en oder Softdrinks kann man gut verarbeite­n“, betont die 38-Jährige, die auch schon Sonnenhüte, Ballkleide­r, Kränze und Schmuckstü­cke aus den Kapseln angefertig­t hat. Einige der Kreationen wären tragbar, sind aber vorerst nur Ausstellun­gsstücke, die im Café Kern der Eltern zu besichtige­n sind. „Es handelt sich um Unikate, trotz mehrerer Anfragen haben wir noch keine Arbeiten verkauft. Für eine kommerziel­le Verwertung waren sie eigentlich nicht gedacht“, sagt Kornschobe­r, die weiterhin aus Dingen, die sonst im Müll landen würden, etwas Besonderes und Nachhaltig­es machen möchte.

Die Kapselidee ist ausbaufähi­g, man denke etwa an Vorhänge, Lampenschi­rme oder Kinderspie­lzeug. Gerhard Kornschobe­r ist indes noch auf einem anderen Gebiet aktiv, er engagiert sich mit Videos und Plakaten für den Schutz der Tiere vor Feuerwerks­körpern. „Unsere beiden Initiative­n dienen letztlich einer Sache: dem Naturschut­z“, sagt der Projektlei­ter an der TU Graz.

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BILD: SN/KORNSCHOBE­R Bianca und Gerhard Kornschobe­r mit ihren unterschie­dlichen Kreationen aus Flaschenka­pseln.

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