„Gute Hochschulpolitik treibt den Wirtschaftsstandort Salzburg voran“
Wo geforscht und gelehrt wird, findet die Wirtschaft kompetente Partner für die Entwicklung ihrer Produkte. Das gilt auch für die neuen Pflegeberufe, die an Fachhochschulen entstehen. Wie ist Salzburg aufgestellt?
Der Rektor der FH Salzburg, Gerhard Blechinger, fordert im SN-Gespräch mehr Augenmerk auf die neuen Gesundheitsberufe, auf die Kooperation von Hochschulen und Universitäten und auf ihre Bedeutung für die Wirtschaft. SN: Welchen Handlungsbedarf sehen Sie in der Salzburger Hochschulpolitik? Gerhard Blechinger: Wir haben in zweierlei Hinsicht dringenden Handlungsbedarf. Zum einen müssen wir die neuen Fachhochschulstudiengänge in der Pflege quantitativ und qualitativ ausbauen. Zum anderen müssen wir die Zusammenarbeit von Fachhochschulen und Universitäten in Salzburg. SN: Was ist für die künftigen Pflegeberufe auf Fachhochschulniveau zu tun? Wir müssen ein konkurrenzfähiges Angebot schaffen, das für die Studierenden attraktiv ist und bestmögliche Voraussetzungen für die Ausbildung schafft. SN: Welche Konkurrenz droht? Bei der neuen Pflegeausbildung sind sowohl Linz als auch Innsbruck dabei, Salzburg zu überholen. Dort wird kräftig in neue Infrastruktur investiert. In Salzburg bemüht sich die Universitätsklinik, mit Müh und Not das Nötigste zur Verfügung zu stellen. Das ist aber auf Dauer zu wenig. Das wird beim Land Salzburg auch so gesehen, aber es fehlt noch die erforderliche Dynamik für den Ausbau. SN: Sie meinen, es müsste am Standort Campus Urstein investiert werden? In der gedrängten Zeit, die zur Verfügung steht, wird ein Vollausbau an der Universitätsklinik kaum möglich sein. Aus meiner Sicht ist die einzige vernünftige Möglichkeit, den Bedarf an attraktiven Ausbildungsplätzen für die Pflegeberufe zu decken, diese ganz nach Urstein zu holen. Das heißt nicht, dass wir den Standort Kuchl vernachlässigen dürfen. Dort planen wir ein großes Laborgebäude für einen forschungsstarken Studiengang Smart Building. Wir müssen das eine tun, ohne das andere zu lassen. SN: Um wie viele Studierende geht es in der Pflege insgesamt? Wir reden im Endausbau für Salzburg von 500 bis 600 Studierenden. Das sind 150 bis 200 Studienanfängerinnen und -anfänger pro Jahr. In der ersten Ausbaustufe, die jetzt beginnt, konnten wir aber nur von 40 auf 80 Studienplätze verdoppeln. SN: Worum geht es bei der Kooperation mit der Universität? Vorrangiges Ziel ist, dass Paris-Lodron-Universität, Universität Mozarteum, Paracelsus Medizinische Privatuniversität und Fachhochschule Salzburg sowohl in der Forschung wie in der Lehre einander wechselseitig fördern und befruchten. Wir müssen stärker darauf schauen, was der andere forscht und wo sich Synergien ergeben, um nicht doppelgleisig zu arbeiten. SN: Wo sehen Sie Brücken zur Paris-Lodron-Universität, die neben ihren starken Naturwissenschaften vor allem geisteswissenschaftlich orientiert ist? Die Paris-Lodron-Universität hat durchaus Bereiche, in denen sie technisch orientiert ist. Wir als FH sehen das als Anknüpfungspunkte für eine Kooperation, die intensiver sein sollte, als es bislang der Fall ist.
Das gilt nicht nur für den Bereich Technik, sondern auch für den Bereich Medien. Die technische Innovation wird oft von außen angefacht. Zudem sind Medien heute hochgradig technisiert. Daher kann man kein Technologiestandort sein, wenn man nicht gleichzeitig ein Medienstandort ist. Das ist für Salzburg eine absolut gute Nachricht. Denn im Medienbereich sind wir von der Fachhochschule über die Paris-Lodron-Universität bis zur Universität Mozarteum sehr gut aufgestellt. Eine stärkere Bündelung dieser Kräfte kann ein Treiber für den Technik- und Wirtschaftsstandort Salzburg sein.
Anders gesagt: Eine gute Hochschulpolitik, die die vielfältigen Ressourcen der Hochschulen und Universitäten in Salzburg hebt, ist auch ein Treiber für die wirtschaftliche Entwicklung der ganzen Region. Die Hochschulpolitik muss als wichtiger Pfeiler der Standortpolitik verstanden werden. SN: Welche konkreten Kooperationen gibt es bereits und was streben Sie an? Wir kooperieren derzeit in einem, bald aber in zwei oder drei Studiengängen. Diese Entwicklung sollte aber deutlich rascher vorangehen. SN: Was funktioniert bereits? Es gibt ein Joint-Master-Programm, das wir gemeinsam mit den Computerwissenschaften der Universität akkreditiert haben. Es geht dabei um die maschinelle Bilderkennung (Applied Image and Signal Processing). Das ist eine künftige Kerntechnologie, die man in der Medizintechnik genauso benötigt wie beim autonomen Fahren.
Mit diesem Studiengang sind wir gemeinsam mit der Universität in der technologischen Entwicklung ganz vorn dabei. Die Absolventinnen und Absolventen sind hoch spezialisierte Informatiker, die im Bereich der Signalverarbeitung weltweit gefragt sind. SN: Und solche Kooperationen sollte es mehr geben? Ja, weil wir vor allem die gemeinsame Forschung stärker vorantreiben müssen. Wir müssen unsere Köpfe zusammenstecken und unsere teils komplementäre Arbeitsweise zusammenfließen lassen. SN: In der Informatik ist die FH Salzburg stark aufgestellt. Wo sehen Sie weitere Kooperationsmöglichkeiten? Die Universität und die Fachhochschule haben bereits zwei weitere gemeinsame Studiengänge entwickelt: „Medical Biology“und „Human-Computer Interaction“. In der medizinischen Biologie fehlt noch die Finanzierung durch den Bund. Der Studiengang zur Interaktion von Mensch und Computer, bei dem die FH mit dem Zentrum für Human-Computer Interaction der Paris-Lodron-Universität kooperiert, ist bereits genehmigt. SN: Ist die Zurückhaltung des Bundes bei neuen Studienplätzen finanziell bedingt oder vermuten Sie dahinter andere Gründe? Finanzielle Gründe sind allenfalls vorgeschoben. Ich glaube, man hat in Wien noch nicht verstanden, welche volkswirtschaftliche Bedeutung Fachhochschulen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt haben. Wir haben bei unseren Absolventinnen und Absolventen nach sechs Monaten eine Arbeitslosigkeit von minimalen 1,6 Prozent. Das heißt, von uns weg gehen Hochschulabgängerinnen und -abgänger in die Vollbeschäftigung.