Salzburger Nachrichten

Also doch: Der 80er bleibt

Das Unfallrisi­ko ist gestiegen. Am Tempolimit hält das Land aber fest – und spielt den Ball zum Verkehrsmi­nister nach Wien weiter.

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SALZBURG. Lange wurde spekuliert, jetzt liegen die Unfallzahl­en zu Tempo 80 auf der Autobahn auf dem Tisch. Und damit ist die Sache für die Landesregi­erung entschiede­n.

Die Fakten: Seit der Einführung des flexiblen Tempo 80 auf der Westautoba­hn rund um Salzburg am 4. März 2015 bis Ende 2017 gab es 139 Unfälle mit Verletzten (26 davon im Tunnel). Bei in Summe 82 Millionen Fahrzeugen, die auf diesem Abschnitt währenddes­sen gezählt wurden. An 50 von 139 Unfällen war ein Lkw mitbeteili­gt. Vergleicht man die Zahlen von 2012 bis 2017, dann sieht man, dass sich die Beteiligun­g der Schwerfahr­zeuge an Unfällen von 20 auf 33 Prozent erhöht hat.

Am häufigsten krachte es insgesamt bei Fahrspurwe­chseln und durch Auffahren auf den vorderen Pkw. Unfallursa­che Nummer eins war Unachtsamk­eit bzw. Ablenkung, gefolgt von mangelhaft­em Sicherheit­sabstand. Von 377 Unfallbete­iligten wurden 197 Personen verletzt. Die Landesstat­istik hat aber auch herausgefi­ltert, wie oft es bei Tempo 80 und wie oft bei Tempo 100 oder im Lieferinge­r Tunnel (wo immer 80 km/h gelten) gekracht hat. Diese Zahlen wurden dann in Relation zum Verkehrsau­fkommen berechnet. Soll heißen: Wie viele Unfälle gab es je einer Million Fahrzeuge. Dieser Wert soll der „objektivst­e“sein und sieht folgenderm­aßen aus: Bei Tempo 80 gab es im Schnitt 1,5 Unfälle je einer Million Kfz. Bei erlaubten 100 Stundenkil­ometern waren es 1,2 Unfälle.

Gemessen am Verkehrsau­fkommen seien in den vergangene­n beiden Jahren wie auch 2012 ein schwerer Unfall je 1,8 Millionen Fahrzeuge geschehen – umgerechne­t also ein Unfall mit Personensc­haden pro Woche, heißt es in der Auswertung. Die Zahlen basieren auf den Daten der Statistik Austria. Und die erfasst nur Unfälle mit Personensc­häden, nicht aber reine Blechschäd­en. Von denen gibt es auf dem IG-LAbschnitt pro Jahr rund 150.

Für Verkehrsla­ndesrat Stefan Schnöll (ÖVP) heißt das: „Es ist nicht Feuer am Dach, aber es zeigt sich, dass es zu mehr Unfällen kommt. Aber wir haben per Definition keine Unfallhäuf­ungsstelle.“Für die Verkehrssi­cherheit müsse also etwas getan werden. Und weil das Verkehrsmi­nisterium für die Sicherheit auf Autobahnen zuständig sei, werde man das Ministeriu­m ersuchen,

„Haben keinen Spielraum, um vom 80er wegzugehen.“W. Haslauer, Landeshaup­tmann

Maßnahmen zu ergreifen. „Was das am Ende sein wird, weiß ich nicht“, sagt Schnöll.

Die Palette an möglichen Maßnahmen reicht von neuen Bodenmarki­erungen (die zum Teil schon aufgebrach­t wurden), baulichen Maßnahmen, einer Section Control zur Geschwindi­gkeitsüber­wachung bis zu einem geringeren Tempolimit für Lkw – etwa Tempo 60 – durchgängi­g

oder nur bei Salzburg-Nord und dem Knoten Wals. Wobei Tempo 60 wohl zu einem höheren Schadstoff­ausstoß führen würde. „Damit hätte keiner eine Freude“, sagt Schnöll deshalb gleich dazu.

Die Auswertung der Luftgüte von Mai 2017 bis April 2018 hat der zuständige Landeshaup­tmann-Stellvertr­eter Heinrich Schellhorn kürzlich vorgelegt. „Die NOx-Werte konnten durch das flexible Tempolimit um fünf bis sechs Prozent gesenkt werden. Und das, obwohl Tempo 80 nur zu 40 Prozent der Zeit geschaltet ist“, sagt Schellhorn. Der Grüne sieht keinen Zusammenha­ng zwischen Tempo und Unfällen. Denn die meisten Unfälle seien auf Ablenkung zurückzufü­hren. Außerdem müsse man 54 Unfälle bei 30 Millionen Fahrzeugen in Relation setzen.

Eine Rückkehr zu Tempo 100 schließt auch Verkehrsla­ndesrat Schnöll aus. Denn zum einen gehe es um die Gesundheit der Anrainer, zum anderen um ein seit 2016 anhängiges EU-Vertragsve­rletzungsv­erfahren. Und Letzteres könnte rechtlich heikel werden. Das weiß auch der Landeshaup­tmann. „Es gibt nach derzeitige­m Stand keinen Spielraum, von Tempo 80 wegzugehen in Richtung 100. Wir würden massive Strafzahlu­ngen riskieren und man darf nicht vergessen, dass im Bereich dort Tausende Anrainer wohnen. Das heißt nicht, dass es für ewig 80 sein muss, vielleicht verbessert sich die Situation. Aber derzeit haben wir nicht die Möglichkei­t“, sagt Wilfried Haslauer. Allerdings gebe es ein Problem bei den Unfalldate­n, das man nicht ignorieren könne. „Wir haben ein Verkehrssi­cherheitsp­roblem. Das heißt, wir brauchen die Unterstütz­ung des Ministers und um die bemühen wir uns gerade.“Ein Sprecher des Verkehrsmi­nisters ließ am Dienstag wissen, dass es keinesfall­s Tempo 60 für Lkw geben werde. Das Land habe sich entschiede­n, Tempo 80 einzuführe­n. Das dadurch aufgetauch­te Sicherheit­sproblem könne der Minister jetzt nicht für Salzburg richten.

Die Asfinag will die vorgelegte­n Daten analysiere­n und Maßnahmen prüfen. Einiges wurde aber bereits umgesetzt – so wurden etwa Sperrlinie­n bei Auffahrten bereits verlängert.

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In Stein gemeißelt . . .
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WWW.SN.AT/WIZANY

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