Weitere Gedenktafeln beschädigt
Autorin des Romans nimmt Stellung zu den Vorkommnissen in Goldegg. „Die Namen sind unauslöschlich“
Die Schmieraktion gegen das Denkmal für Opfer des Nationalsozialismus in Goldegg bleibt Tagesgespräch. Am Dienstag wurde bekannt, dass auch am Friedhof zwei Gedenktafeln mit grüner Farbe übersprüht wurden. Der Mesnerin sei es am Montagabend aufgefallen, so Pfarrer Dechant Alois Dürlinger. „Eine feige und hinterfotzige Aktion. Die Menschen damals haben Mut für ihre Entscheidung gebraucht. Den Knopf einer Spraydose zu drücken erfordert keinen Mut.“
Der Zusammenhang mit der nächtlichen Schmieraktion am Gedenkstein und an der Tafel auf dem Gelände des Regenerationszentrums der Salzburger Gebietskrankenkasse liegt nahe. Dazu berichtete gestern eine Ohrenzeugin den SN, dass die Täter sehr laut gewesen sein müssen. „Es war am Samstag um ungefähr zwei Uhr früh. Es war furchtbar laut. Wir sind wach geworden“, erzählt die Stadt-Salzburgerin, die sich derzeit in dem GKK-Erholungsheim aufhält. „Es war wohl eine rauschige Partie von Jugendlichen mit mindestens zwei Autos. Wir dachten an einen Streit oder einen Unfall.“Erst später hätten sie und andere Bewohner in den Radionachrichten vom Vorfall am Gedenkstein gehört. Zu sehen sei die Stelle von den Zimmern aus nicht.
Ein Zusammenhang zwischen der Tat und Medienberichten vom Freitag über den Roman „Schwedenreiter“gilt als wahrscheinlich. Das Buch beschäftigt sich mit dem Umgang eines Dorfes mit seiner NS-Geschichte. Die großteils in Wien lebende Autorin Hanna Sukare, die Verwandtschaft im Pongau und im Flachgau hat, verfolgt die Vorkommnisse in Goldegg genau. „Salzburg ist eine meiner Heimaten“, sagt die Schriftstellerin im SNGespräch. Sie habe Nachkommen der vom NS-Regime er- mordeten Kriegsdienstverweigerer persönlich kennengelernt. „Da hab’ ich begriffen und gespürt, was die Demütigungen, die sich heute fortsetzen, bedeuten.“
Die Jagd von 1000 SS-Männern auf sechs Wehrmachtsdeserteure im Juli 1944 forderte 14 Todesopfer. Dutzende weitere Ortsbewohner wurden verhaftet, zum Teil gefoltert. Die 2008 erschienene Goldegger Ortschronik bezeichnete die Deserteure als „gefährliche Landplage“.
Im Roman heißt der Ort Stumpf. Warum? „Stumpf liegt auf einem Hochplateau, das der geometrischen Form eines Kegelstumpfs gleicht“, sagt die Autorin. Der Name Goldegg komme im Buch nicht vor. „Was in Stumpf geschah, hätte in jedem anderen österreichischen Dorf ebenso geschehen können. Sollte sich Goldegg in diesem Roman
in Goldegg“gab die Autorin des Romans „Schwedenreiter“, Hanna Sukare, eine öffentliche Stellungnahme ab: „Penibel hat der Täter jeden einzelnen Opfernamen unkenntlich gemacht, als verübe er seine Untat gemäß der Tradition des Nationalsozialismus: Die Namen der Opfer auslöschen.“
Die Kriegsdienstverweigerer und ihre Unterstützerinnen hätten dazu beigetragen, „dass Österreich seinen Staatsvertrag bekam und wir alle in einem freien Land leben“. Die Namen dieser Männer und Frauen seien unauslöschlich im Buch der Geschichte verankert. Trägerin des Rauriser Literaturpreises 2016 (für „Staubzunge“), wird „Schwedenreiter“am 13. September (19 Uhr) auf Schloss Goldegg vorstellen. Weitere Lesungen in anderen Orten werden folgen.
„Endlich vergessen, das ist ein Wunsch, der uns nicht weiterhilft.“
gespiegelt sehen, gibt es dem Ort die Chance, seine Geschichte neu anzuschauen.“
Das Werk ist am 27. August erschienen. Möglicherweise bietet es neuen Zündstoff für Auseinandersetzungen in Goldegg. Sukare dazu: „Der Zündstoff liegt nicht in meinem Buch, sondern im Umgang der österreichischen Nachkriegsgesellschaft mit dem Terrorregime des Nationalsozialismus.“Paul Schwedenreiter, die Hauptfigur ihres Textes, mache sich Gedanken darüber, was Verbrechen, Vergebung und Versöhnung bedeuten können. „Endlich vergessen, das ist ein frommer Wunsch, der uns nicht weiterhilft. Die Traumata, die der Nationalsozialismus der österreichischen Bevölkerung zugefügt hat, arbeiten in den Nachkriegsgenerationen weiter, ob wir das wollen oder nicht. “