Ein Bayer will ganz nach oben
Der erste Kandidat für die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bringt sich in Stellung. Es ist ein CSU-Politiker.
Nun ist es offiziell: Der bayerische CSU-Politiker Manfred Weber, seit 2004 EU-Abgeordneter und seit vier Jahren auch Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP), geht ins Rennen um das Amt des künftigen EUKommissionspräsidenten. Weber hat gestern, Mittwoch, die Fraktion informiert, dass er als Spitzenkandidat bei der Europawahl im Mai 2019 zur Verfügung steht. Sollte sich die EVP Anfang November beim Parteikongress für ihn entscheiden und die Wahl gewinnen, hätte Weber gute Chancen , JeanClaude Juncker an der Spitze der EU-Kommission nachzufolgen.
Gemessen an anderen CSU-Politikern ist Weber auffallend diplomatisch. Selten kommt dem 46-Jährigen ein böses Wort über die Lippen. Seine überlegte und verbindliche Art soll auch Kanzlerin Angela Merkel schätzen, deren Rückendeckung er sich vorige Woche geholt hat. „Ich unterstütze die Kandidatur Manfred Webers“, sagte sie am Mittwoch in Berlin. Nun müsse man abwarten, wer sich in der konservativen europäischen Parteienfamilie noch als Kandidat melden werde.
Weber ist in Europa bestens vernetzt, geschickt im Schmieden von Allianzen und bei EU-Fragen nicht immer auf CSU-Linie. Nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur vor einem EVP-Treffen in Wien sagte er: „Wir können so nicht weitermachen. Die Menschen erwarten ein besseres Europa.“Daher müssten alle in der EU zusammenhalten. „Ich kann es nicht erlauben, dass die EU innerlich gespalten ist.“Er wolle die verschiedenen „Interessen zusammenführen und Brücken bauen“. Heute werde die EU von zu vielen Menschen als bürokratisch und als Elitestruktur gesehen. „Ich will Europa den Menschen zurückgeben“, sagte er und warnte vor Radikalen und Antieuropäer, die versuchten, die EU zu zerstören.
Weber wäre der erste Deutsche an der Spitze der EU-Kommission seit Walter Hallstein Ende der 1950er-Jahre. Und er wäre der Erste, der (zumindest bis dato) nicht Französisch spricht. Der gelernte Ingenieur ist verheiratet, bekennender Katholik und war selbstständig, bevor er seine politische Karriere als Landesvorsitzender der bayerischen Jungen Union begann. Über sein Privatleben ist wenig bekannt. „Meine Familie ist für mich der Rückzugsort schlechthin“, erklärt er auf seiner Internetsite. Kraft schöpfe er beim Gottesdienstbesuch und beim Gitarrenspiel.