Und dann noch die Weltformel
Florian Henckel von Donnersmarcks „Werk ohne Autor“: würdelos.
Seit Florian Henckel von Donnersmarck 2007 für „Das Leben der Anderen“, ein gefälliges Drama über einen Stasi-Offizier und seine Skrupel gegenüber seinen Opfern, den Auslandsoscar gewonnen hat, ist der Vertrauensvorschuss gewaltig. Zuerst war es der von Hollywood, das ihm für den berüchtigt gescheiterten Thriller „Der Tourist“Budget, Stars (Johnny Depp, Angelina Jolie) und Marketing zur Verfügung stellte. Und nun kommt wieder Deutschland: Sein neuer Film „Werk ohne Autor“feierte in Venedig Premiere. Schon davor wurde bekannt gegeben, dass der Film als deutsche Oscar-Einreichung 2019 nominiert wurde.
„Werk ohne Autor“(österreichischer Kinostart: 4. Oktober) orientiert sich an der Biografie des Malers Gerhard Richter, verpasst seinem Protagonisten zwecks künstlerischer Freiheit den Namen Kurt Barnert (gespielt von Tom Schilling) und entwirft mit triefendem Pinsel ein Panorama deutscher Geschichte von den späten Dreißigerjahren – der kleine Kurt besucht da an der Hand seiner Tante die Ausstellung „Entartete Kunst“– über erste Erfolge in der DDR und die Flucht in den Westen bis zu seinem Durchbruch in den späten Siebzigern.
In Richters Familiengeschichte gibt es einige bemerkenswerte historische Zufälle und Überschneidungen, in Donnersmarcks Händen wird daraus breitbeiniges Erzählkino ohne Gespür: etwa bei der Ermordung von Kurts verrückter Tante im Zuge der Aktion T4, bei der die Kamera der nackten Schönen bis in die Gaskammer folgt. Dann ist da der blamable Moment, als der junge Kurt vom Feld kommt, wo er lang sinnend auf einem „Li-hindenbaum“gesessen ist und seinem Vater zuruft, er habe die Weltformel gefunden. Ein Joseph-Beuysartiger Fett-Filz-Künstler (Oliver Masucci) spuckt Stehsätze fürs Poesiealbum, die Frauen im Leben des Malers (Paula Beer, Saskia Rosendahl) sind ohnehin nur Statistinnen für die Künstlerwerdung des Protagonisten. Tatsächlich lässt sich entlang von Gerhard Richters Leben, wie 2005 von Jürgen Schreiber in seinem Buch „Ein deutscher Maler“recherchiert, deutsche Geschichte erstaunlich verdichtet erzählen. Die Film-Umsetzung: ein würdeloses Spektakel.