Politik sieht die Digitalsteuer als Akt der Fairness
Finanzminister Löger schreckt beim Besteuern von Online-Werbung nicht vor Alleingang zurück, hofft aber auf europäische Lösung.
Österreichs Finanzminister Hartwig Löger will sich vom Plan nicht abbringen lassen, die Digitalwirtschaft so ins Steuersystem einzubeziehen, dass die traditionelle Wirtschaft nicht benachteiligt werde. „Ich wünsche mir eine europäische Lösung, aber ich bin bereit, es auch allein zu machen“, sagte Löger am Mittwoch vor Journalisten im Vorfeld des informellen Ecofin am Freitag und Samstag in Wien.
Er könne sich vorstellen, dass die in Österreich bestehende Werbeabgabe auf Online-Werbung ausgedehnt werde. Dafür könnte der Steuersatz von fünf auf drei Prozent gesenkt werden. Es handle sich aber um ein „Gedankenspiel“, sagte Löger, es gebe dazu keine Beschlüsse der Regierung. Eine solche Lösung wäre aufkommensneutral, da der Online-Werbemarkt stark wachse. Zuletzt spülte die Werbeabgabe 110 Mill. Euro pro Jahr ins Budget.
Es dürfe nicht sein, dass über den disruptiven Effekt, den digitale Geschäftsmodelle ohnehin hätten, eine zusätzliche Schieflage durch die Besteuerung entstehe. Daher treibe er im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft die Pläne einer Digitalsteuer voran, sagte Löger.
Basis dafür ist der im Frühjahr von der EU-Kommission vorgestellte Zwei-Stufen-Plan. Der sieht im ersten Schritt eine Steuer von drei Prozent auf den Umsatz digitaler Dienstleistungen vor, bei dem Nutzer einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Steuerbasis sollen Einnahmen aus Online-Werbung, aus digitalen Vermittlungsgeschäften, die Nutzern erlauben, mit anderen zu interagieren, sowie dem Verkauf von Daten der User sein.
Um die Start-up-Szene zu verschonen, sollen nur Unternehmen zur Kasse gebeten werden, die weltweit mindestens 750 Mill. Euro umsetzen und mindestens 50 Mill. Euro in der EU. Bei drei Prozent Steuersatz könnten laut Schätzung der EU-Kommission fünf Mrd. Euro pro Jahr eingenommen werden, betroffen wären demnach rund 200 Unternehmen in Europa.
Der Vorschlag ist unter Mitgliedsländern umstritten, einige stoßen sich an einzelnen Steuertatbeständen, andere sind grundsätzlich skeptisch. Das gilt noch mehr für den langfristigen Plan einer Neuregelung der Körperschaftsteuer mit der „digitalen Betriebsstätte“.
Die soll es ermöglichen, Gewinne, die Google, Facebook & Co. im jeweiligen Land erzielen, auch dort zu besteuern, obwohl sie dort keine physische Präsenz haben. Entsprechende Überlegungen gebe es auch in der OECD und auf Ebene der G20, auch dafür brauche die EU eine gemeinsame Position, sagte Löger.
Dass Österreich ein wichtiger Mitstreiter für die Digitalsteuer abhandenkommt, dementierte Löger. Mediale Spekulationen, wonach Deutschland sich vom Plan einer Besteuerung der Digitalwirtschaft absentiere, entsprächen nicht dem, was ihm sein deutscher Amtskollege Olaf Scholz versichert habe. Am Mittwoch hatte die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf ein internes Papier des Finanzministeriums in Berlin berichtet, dass Deutschland den Plan einer Besteuerung der großen Digitalkonzerne aufgebe. Im Papier stehe, dass deren „Dämonisierung nicht zielführend“sei. Ein Sprecher von Scholz sagte hingegen, das Ziel einer fairen Besteuerung von Internetkonzernen werde im Finanzministerium weiter verfolgt. Es würden derzeit mehrere Modelle diskutiert, es gebe allerdings noch keine Festlegung des Ministers auf ein oder mehrere Instrumente.