Wenn die Mama von 13 Kindern in Pension geht
Geht das eigentlich? Bei Romy Brandstetter ist es 2019 so weit. Nach fast vierzig Jahren zieht sie im kommenden Jahr aus dem Kinderdorf in Seekirchen aus. Abschiedsschmerz inklusive.
SEEKIRCHEN. Es ist ein sympathisches Durcheinander, das einen in der Küche von Romy Brandstetter erwartet. Auf den ersten Blick ist klar, dass hier Kinder zu Hause sind und viel Lebenslust. Nicht zu vergessen, Zwergspitz Spiky. Seit 1980 ist das SOS-Kinderdorf in Seekirchen ein zweites Zuhause für die gebürtige Oberösterreicherin. Hier hatte sie als Kinderdorf-Mutter bisher 13 Kinder in ihrer Obhut. Derzeit lebt sie mit drei Buben im Alter von drei, neun und 16 Jahren sowie einem Mädchen (14) hier. 2019 steht der Abschied bevor.
Dann wird Brandstetter in Pension gehen. „Das ist schon komisch, wenn man als Mutter in Pension geht.“Sie werde vom Kinderdorf zurück in ihre Hei- matgemeinde Andorf ziehen. Die großen Kinder werden in das neue Haus im Kinderdorf einziehen (siehe Kasten), die kleineren in eine andere Familie im Kinderdorf oder werden in die Herkunftsfamilie integriert.
Doch Pension hin oder her, für ihre Kinder werde sie weiterhin da sein. „Ich werde sie besuchen und sie mich. In meinem Haus ist genug Platz.“Die neue Situation sei ein Thema. „Wenn wir davon sprechen, bekommt immer irgendwer nasse Augen.“
Den Entschluss, KinderdorfMutter zu werden, fasste Brandstetter mit 18. „Es war klar, dass ich keine eigenen Kinder haben werde. Trotzdem wollte ich Mutter sein.“Sie bewarb sich beim Kinderdorf und hat ihre Jobwahl nie bereut. „Natürlich gab es Tiefpunkte.“Etwa, als einer ihrer Schützlinge als Erwachsener straffällig wurde. „Da zweifelt man und fragt sich, wie hätte ich das verhindern können.“Kinder, die im Kinderdorf lebten, brächten allesamt einen Rucksack mit traurigen Erlebnissen mit. „Anfangs dachte ich, mit meiner Fürsorge kann ich ihnen diesen Rucksack abnehmen.“Das sei unmöglich. „Manche meistern ihren schwierigen Start ins Leben besser, andere schlechter.“
An ihre eigene Kindheit hat die 58-jährige gelernte Verkäuferin gute Erinnerungen. „Sie war liebevoll und behütet, auch wenn ich im Geschäft meiner Eltern früh mit anpacken musste.“
fand am Mittwoch der Spatenstich für ein neues, 1,2 Mill. Euro teures Haus statt. Vier Mädchen und zwei Buben werden 2019 dort einziehen und erstmalig in einer Jugendwohngruppe betreut. Kinderdorf-Leiter Wolfgang Arming: „Zwei unserer Mütter gehen in Pension. Die Kinder aus diesen Familien sind inzwischen Teenager, möchten aber hierbleiben.“Mit dem neuen Betreuungskonzept werde das möglich. Spenden für den Neubau an das Spendenkonto: AT62 1600 0001 0117 3240, Kennwort: Seekirchen H12.