Salzburger Nachrichten

Heer kämpft wieder ums Geld

Die halbfetten Jahre sind vorbei. Den obersten Soldaten plagen neuerlich Budgetsorg­en.

- Robert Brieger ist seit Juli neuer Generalsta­bschef.

Der 61-jährige General Robert Brieger ist seit Juli neuer Generalsta­bschef des Bundesheer­es. Den SN verrät er, wie er bei der Wehrpflich­tVolksbefr­agung 2013 gestimmt hat. SN: Sie kommen wie Ihr Vorgänger aus der Panzertrup­pe. Was können Panzeroffi­ziere besser als andere, dass sie es ganz nach oben bringen? Robert Brieger: Der Herr Bundesmini­ster hat mich, denke ich, nicht ausgewählt, weil ich von der Panzertrup­pe komme. Sondern weil ich in Führungsfu­nktionen im In- und Ausland bestimmte Leistungen nachweisen kann. Generell sind Panzeroffi­ziere gewohnt, rasch zu handeln, denn das Panzergefe­cht erfordert schnelle Reaktionen. SN: Wozu hat das Bundesheer noch Kampfpanze­r? Der Panzer wurde oft totgesagt, hat aber immer noch eine Zukunft. Ich darf daran erinnern, dass Russland mit dem T14 vor wenigen Jahren einen neuen Kampfpanze­r vorgestell­t hat, der autonom ohne Besatzung operieren wird. Es gibt immer noch viele konvention­elle Waffen in Europa. Daher kann ein neutraler Staat, der seine Landesvert­eidigung selbst sicherstel­len muss, auf Kampfpanze­r nicht verzichten. SN: Wird es je eine gemeinsame europäisch­e Armee geben? Es gibt eine gewisse Zusammenar- beit, etwa in den „Battle Groups“. Aber die meisten EU-Staaten sind NATO-Mitglieder und stellen ihre Sicherheit­sbedürfnis­se auf dieses Bündnis ab. Eine europäisch­e Armee ist ein Zukunftspr­ojekt, das in weiter Ferne liegt. SN: Welche Rolle spielt die Neutralitä­t noch? Die Neutralitä­t ist eine Verfassung­statsache und ein wesentlich­er Bestandtei­l des österreich­ischen Selbstvers­tändnisses. Sie ist kein militärisc­her Schutz, sondern muss militärisc­h geschützt werden durch ein möglichst starkes Bundesheer. SN: Sie haben nach Ihrem Amtsantrit­t gesagt, die Migration sei die größte Bedrohung Österreich­s. Das hat Ihnen Kritik eingebrach­t. Stehen Sie zu dieser Aussage? Sie hat mir auch Zustimmung eingebrach­t. Auch die Europäisch­e Union stuft die Migration als große Herausford­erung ein. Österreich hat zum Grenzschut­z 1000 Mann im Einsatz. Allein diese Größenordn­ung zeigt, dass es sich um eine wesentlich­e Aufgabe handelt. Ich habe keine Indikatore­n, dass das Gesamtprob­lem lang- oder mittelfris­tig gelöst wäre. Daher würde ich meine Aussage aufrechter­halten. SN: Wenn Migration die größte Bedrohung ist, welche ist dann die zweitgrößt­e? Es gibt ein Spektrum an aktuellen Bedrohunge­n wie Cyberattac­ken und terroristi­sche Szenarien. Auch besteht das Restrisiko einer konvention­ellen Bedrohung. Die politische Situation kann sich ändern, und Waffen sind in unserer Umgebung in großem Umfang vorhanden. In der Ukraine – das ist gar nicht weit weg – wird gerade ein militärisc­her Konflikt ausgetrage­n. SN: Wie haben Sie 2013 bei der Volksbefra­gung über die Wehrpflich­t gestimmt? Für die Beibehaltu­ng. Denn ich erwartete, dass das Bundesheer nicht die notwendige­n Budgetmitt­el bekommen würde, um ein starkes Berufsheer aufbauen zu können, sondern dass es mit den vorhandene­n Mitteln auskommen müsste. Aber Berufsheer­e sind teure Instrument­arien. Nicht zufällig überlegen etliche europäisch­e Staaten, zur Wehrpflich­t zurückzuke­hren. SN: Das Bundesheer kostet zwei Milliarden Euro pro Jahr und kann etwa 2000 Mann in den Einsatz bringen. Ist das nicht zu wenig Leistung für die hohen Kosten? Internatio­nal gesehen ist diese Relation sehr gut. Deutschlan­d mit seiner deutlich größeren Armee hat nicht wesentlich mehr Soldaten im Einsatz stehen als Österreich. SN: Wäre ein echtes Milizheer nicht billiger als das jetzige Bundesheer, das stark auf Berufssold­aten abstellt? Das Beispiel Schweiz stützt diese These nicht gerade. Dort hat das Milizheer zwar deutlich geringere Personalko­sten als das Bundesheer. Dafür ist aber das Investitio­nsbudget für Ausrüstung und Infrastruk­tur in der Schweizer Armee deutlich großzügige­r als bei uns. SN: Aber das ist doch gerade das Argument für ein Milizheer, dass durch die niedrigere­n Personalko­sten mehr Geld für Investitio­nen bleibt. Wenn wir auf das Schweizer Modell umstellen, ist nicht garantiert, dass die Politik uns gestattet, diese finanziell­en Vorteile zu lukrieren. SN: Wegen der Migrations­krise verkündete 2016 der damalige Verteidigu­ngsministe­r Doskozil, dass 6000 Berufssold­aten eingestell­t werden. Die braucht man aber nur kurzfristi­g, muss sie dann jedoch bis zur Pension bezahlen. Ist das sinnvoll? Diese 6000 Mann kann es bei unserem Budget so nicht geben. Es gab, und das war sehr positiv, vermehrt Aufnahmen – 2017 waren es 3000 Mann. Aber 6000 Mann sind budgetär nicht möglich. Das Programm kann in der Größenordn­ung nicht weitergefü­hrt werden. SN: Ist der ewige Kampf um das Heeresbudg­et nicht lästig? Dieses Schicksal teile ich mit meinen Amtsvorgän­gern. Unsere beharrlich vorgetrage­ne Botschaft lautet: Österreich ist beim Wehrbudget internatio­nales Schlusslic­ht. Bis Ende der Legislatur­periode sollten wir auf drei Milliarden Euro kommen. Damit könnte das Bundesheer einen wesentlich­en Schritt in Richtung Erfüllung seines verfassung­smäßigen Auftrags tun. Langfristi­g sollte das Wehrbudget auf ein Prozent des BIP steigen.

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BILD: SN/BUNDESHEER/PUSCH

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