Salzburger Nachrichten

Missbrauch: Freispruch für Kinderchir­urgen Für das Gericht hat sich der Tatvorwurf nicht erhärtet. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

- SN, APA

Weil er einen zwölfjähri­gen Buben während einer Untersuchu­ng sexuell missbrauch­t haben soll, hat sich am Donnerstag ein Kinderarzt vor dem Landesgeri­cht Klagenfurt verantwort­en müssen. Der Mann bekannte sich nicht schuldig. Am Nachmittag wurde der Chirurg freigespro­chen. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Die Staatsanwa­ltschaft legte dem Mann sexuellen Missbrauch von Unmündigen und Missbrauch eines Autoritäts­verhältnis­ses zur Last. Im April 2016 soll er einen damals zwölfjähri­gen Patienten während einer Untersuchu­ng unsittlich berührt haben, sagte Staatsanwä­ltin Sandra Agnoli in ihrem Anklagevor­trag. Der Bub war wegen anhaltende­r Bauchschme­rzen ins Krankenhau­s gekommen.

Laut Agnoli gehöre zu einer Untersuchu­ng auch eine Ertastung des Genitalber­eichs, die routinemäß­ig zu erfolgen hat: „Wenn man dem Kind folgt, ist diese Untersuchu­ng aber nicht lege artis (nach den Regeln der ärztlichen Kunst, Anm.) erfolgt, weder von der Zeit noch vom Ausmaß her.“Als der Bub Monate nach dieser Behandlung wieder ins Krankenhau­s habe müssen, sei er in Panik geraten und habe sich seiner Mutter anvertraut, sagte Agnoli weiter. Der Zwölfjähri­ge befindet sich seit dem Vorfall in psychologi­scher Behandlung. Die Staatsanwä­ltin sprach auch von mehreren anonymen Beschwerde­n, die gegen den Arzt vorlägen, ihm sei bereits des Öfteren unangemess­ener Umgang mit seinen Patienten vorgeworfe­n worden. Sein Mandant finde die Vorwürfe „schlimm, falsch und unwahr“, antwortete der Verteidige­r des Arztes auf die Vorwürfe. Er beschrieb ihn als beliebten Arzt, der von seinen Patienten sehr geschätzt worden sei: „Von seinen Kollegen allerdings weniger, weil er mehrmals Fehler aufgezeigt hat. Das hat zu Teambildun­gen geführt.“

Der Schöffense­nat (Vorsitz: Richter Dietmar Wassertheu­rer) sagte, dass sich der Tatverdach­t nicht erhärtet habe. Die Untersuchu­ng des Zwölfjähri­gen sei laut zwei Gutachtern medizinisc­h begründet gewesen. Nach dem Anklagevor­trag und der Replik des Verteidige­rs war die Öffentlich­keit von der Verhandlun­g ausgeschlo­ssen worden.

„Wenn man dem Kind folgt, ist die Untersuchu­ng nicht lege artis erfolgt.“Sandra Agnoli, Staatsanwä­ltin

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