Salzburger Nachrichten

Engagement wird bestraft

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Vor meinem Studienant­ritt hatte ich den Wunsch, ein Jahr im sozialen Dienst tätig zu sein. Durch meine Mitarbeit in der evangelisc­hen Kirche wusste ich, dass ich gern mit Kindern und Jugendlich­en arbeite, und habe eine Bewerbung an das SOS-Kinderdorf gesendet. Die Vergütung war eine Anerkennun­g, jedoch zu keinem Zeitpunkt ausschlagg­ebend dafür, das Praktikum zu machen oder nicht. Es ging um die Erfahrung, in einer sozialen Einrichtun­g zu helfen, um sich sozial zu engagieren und etwas für die Gemeinscha­ft zu tun.

Ich durfte lehrreiche elf Monate im SOS-Kinderdorf Seekirchen verbringen und blicke auf diese Zeit dankbar und wertschätz­end zurück. Jedoch soll ich für besagtes soziales Engagement nun bestraft werden.

Meine Studien (Publizisti­k & evang. Fachtheolo­gie) trat ich folglich mit 19 Jahren an; mit einem Jahr „Verspätung“gegenüber anderen, wenn man so möchte. Publizisti­k ist seit Juni ’18 abgeschlos­sen; im Fachtheolo­giestudium stecke ich noch mittendrin. Daher habe ich einen Antrag auf Verlängeru­ng Schreiben Sie uns! der Familienbe­ihilfe um ein Jahr gestellt; ein Vorgehen, dem laufend stattgegeb­en wird, solange die Person für mindestens acht Monate einer freiwillig­en sozialen Tätigkeit nachgegang­en ist. Mein Antrag wurde drei Mal abgelehnt. Meine Tätigkeit sei nicht „freiwillig“gewesen. Zwar gebe es keine Legaldefin­ition für „freiwillig­e praktische Hilfstätig­keit“, schreibt das Finanzamt, jedoch scheint es überzeugt davon, dass „freiwillig“mit „unentgeltl­ich“zu definieren sei.

Newsflash: Es gibt tatsächlic­h junge Leute, die sich freiwillig sozial engagieren, aus humanitäre­n Gründen. Dass nun diesen jungen, freiwillig im Dienst der Gemeinscha­ft tätig gewesenen Menschen bei der Studiumsbe­endigung Steine in den Weg gelegt werden, ist unfassbar schwach.

Unsere Gesellscha­ft wird mehr und mehr durchzogen von Egoismus und Selbstbezo­genheit. Nächstenli­ebe und Selbstlosi­gkeit sind Werte, die zunehmend in den Hintergrun­d gedrängt werden – beim Vorgehen und der Wertevermi­ttlung politische­r Instanzen und staatliche­r Einrichtun­gen wie des Finanzamts für mich nun auch kein Wunder mehr. Stephanie Faugel

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