Wohnungsvergabe geht zurück an den Start
Wer eine geförderte Mietwohnung will, soll Kriterien erfüllen. Welche? Die Politik ist sich nur in einem einig: dass man sich nicht einig ist.
Der Gemeinderatswahlkampf lässt grüßen. Wer am Donnerstag im Schloss Mirabell den Sozialausschuss mitverfolgt hat, der war praktisch schon mittendrin. Das Thema: die Wohnungsvergaben durch das Wohnungsamt der Stadt Salzburg.
Hunderte Wohnungen vergibt das Wohnungsamt jährlich. Und künftig sollen es noch mehr sein, denn die Stadt will für alle von der Gswb errichteten Mietwohnungen das Einweisungsrecht, und nicht wie bisher für maximal die Hälfte. Damit das möglich ist, braucht es aber neue Vergaberichtlinien. Denn die bisherigen Regeln, wer auf der Wohnungsliste ganz vorn steht und wer weiter hinten, hat der Gemeinderat im März 1995 beschlossen. Das 23 Jahre alte Papier ist quasi vergilbt.
Dass die Richtlinien so gar nicht mehr passen, spürt man im Wohnungsamt seit geraumer Zeit. Im Vorjahr haben 47 Prozent eine durch das Amt vorgeschlagene Wohnung abgelehnt.
SPÖ-Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer hat daher im Juni die neuen Richtlinien in einem Amtsbericht vorgelegt. Künftig soll es Plus- und Minuspunkte geben. Bewertet werden etwa Höhe des Einkommens, aktuelle Wohnsituation, familiäre Umstände (etwa Alleinerzieherinnen), aber auch Dauer des Hauptwohnsitzes in der Stadt Salzburg. Minuspunkte soll es für Sonderwünsche geben, möglicherweise auch für fehlende Deutschkenntnisse. Und überhaupt ist im vorliegenden Amtsbericht davon die Rede, dass künftig erst eine Antragstellung für jene möglich ist, die fünf statt bisher drei Jahre in der Landeshauptstadt ihren Hauptwohnsitz haben. Dieser Passus zielt auf Flüchtlinge ab – und soll Österreicher gegenüber Ausländern bevorzugen.
Genug Diskussionsstoff also. Oder wie es Hagenauer formulierte: „Wir müssen aufpassen, dass wir keinen sozialen Sprengstoff produzieren.“Für politischen Sprengstoff reicht das Thema ohnehin. Der Amtsbericht wurde am Donnerstag zerpflückt. Am Ende der Debatte war nichts mehr so, wie es vorgeschlagen wurde.
Die ÖVP stellte einen Gegenantrag mit acht Punkten, die FPÖ
„Es geht um den großen Kuchen, und es geht um die Pfründe.“
einen Zusatzantrag zum Gegenantrag, und die Bürgerliste hatte zwei Seiten an Ergänzungen zum Amtsbericht parat. All das sorgte für Kopfschütteln bei der SPÖ.
„Wir sind mitten im Wahlkampf. Das ist so. Es geht um den großen Kuchen der Gswb-Wohnungen, es geht aber auch um Pfründe“, stellte die AusschussVorsitzende Ulrike Saghi (Bürgerliste) fest, die etliche Male zur Klingel greifen musste, um die Zwischendebatten einzudämmen. „Es ist nicht Wahlkampf, es ist das 21. Jahrhundert“, warf ÖVP-Gemeinderätin Marlene Wörndl ein. SPÖ-Klubchefin Andrea Brandner formulierte ihre Bedenken anders: „Ich weiß nicht, wie das Signal nach außen ankommt, wenn wir bis zur Wahl jetzt keine Wohnungsrichtlinien mehr zusammenbringen.“
Und so dürfte es wohl auch sein. Es wird einige Zeit in Anspruch nehmen, bis der Magistrat einen neuen Amtsbericht vorlegen kann, der alle Wünsche berücksichtigt. Zu groß sind die Widersprüche, zu zahlreich die Einwendungen, die am Donnerstag von den Parteien reklamiert wurden. Die FPÖ beharrt etwa auf Deutschkenntnissen für Wohnungswerber – und zwar für die gesamte Familie, nicht nur für den Antragsteller als solches. Außerdem solle in großen Wohnblöcken auch ein Polizist eine Wohnung erhalten – präventiv.
Die ÖVP will nicht nur bei Neuvergaben „soziale Durchmischung“sicherstellen, sondern mit Konzepten auch bei allen bestehenden Wohnanlagen mit mehr als 50 Wohnungen. Was, wie der stv. Magistratsdirektor einwarf, „Minimum ein Jahr“dauern könne. Außerdem sollen auf ÖVP-Wunsch die Einkommensgrenzen gesenkt werden, und es brauche Angebote für Pflegekräfte auf eine Wohnung außerhalb der Vergabeliste. Kurz- um: „Es braucht mehr als dieses Papier.“
Die Bürgerliste ihrerseits nimmt eine von der SPÖ vorgeschlagene höhere Wartedauer von fünf Jahren nicht hin. „Drei Jahre reichen ganz einfach“, meint Saghi. Außerdem brauche es ein Kontingent an Wohnungen für das Forum Wohnungslosenhilfe. Eine Sondervergabe durch einen politisch besetzten Unterausschuss solle es weiterhin geben, sonst „können wir zusperren“. Und: Deutschkenntnisse, wie sie die FPÖ gern hätte, könne man nicht verlangen. Die Neos wiederum hätten vor einem Beschluss gern 25 Beispiele für die Vergabe nach den neuen Kriterien gesehen.
Alles in allem steht damit nur eines fest: Solange die neuen Richtlinien nicht beschlossen sind, gelten die alten. Und so lange kann die Stadt nicht auf 100 Prozent der Mietwohnungen zugreifen. Die 1995er-Richtlinien müssen noch ein Weilchen herhalten. Zumindest soll nach Jahrzehnten die Software im Wohnungsamt getauscht werden.