Der Chef wird wegreformiert
Die Regierung hat ihre Pläne für die Reform der Sozialversicherungen fertig. Davon betroffen ist auch Alexander Biach, der Chef des Hauptverbands.
WIEN. Die Regierung macht mit der Reform der Sozialversicherung ernst. Heute, Freitag, werden Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein den entsprechenden Gesetzesentwurf präsentieren.
Die Aufregung ist groß. Vor allem bei SPÖ und Gewerkschaften, die eine Entmachtung der Arbeitnehmervertreter durch die Reform fürchten. Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass die Bundesregierung im Zuge der Reform die Ablöse von Hauptverbandschef Alexander Biach plant. Biach, der aus der Wirtschaftskammer kommt, führt den Hauptverband seit Mai 2017, gilt als versierter Fachmann mit guten Kontakten zu allen Sozialpartnern und zur Ärztekammer. Die FPÖ warf Biach allerdings in den vergangenen Wochen im Zusammenhang mit den Regierungsplänen Panikmache vor und dass er deren Vorstellungen torpediere. Mit Biach soll auch Hauptverbandsgeneraldirektor Josef Probst gehen. Der Hauptverband, in dem die Sozialversicherungen organisiert sind, wird de facto aufgelöst und nur noch koordinierende Aufgaben übernehmen. Den Vorsitz im Dachverband werden die Obmänner bzw. Obfrauen der künftig von 21 auf fünf reduzierten Sozialversicherungsträger übernehmen, jeweils für sechs Monate.
Die Reduktion der Sozialversicherungen ist das Herzstück der Reform. Die neun Gebietskrankenkassen werden zu einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengelegt. Dazu kommen eine Versicherungsanstalt für den öffentlichen Dienst, Eisenbahn und Bergbau, die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen, die Pensionsversicherungsanstalt und die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt.
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) übernimmt die bundesländerübergreifende Gesundheitsplanung sowie die Budgetund Personalhoheit. Dazu gehört der Beschluss über einen österreichweiten Gesamtvertrag mit den Ärzten inklusive Honorare, die Vertragspartnerabrechnung, Qualitätssicherung und Lohnverrechnung. Die Verhandlungen über die regionale Planung erfolgt durch die neun Landesstellen, der Beschluss durch die ÖGK. In den Ländern anfallende Rücklagen sollen dort bleiben und für regionale Gesundheitsprojekte verwendet werden.
Mit 1. Jänner 2020 wird die neue Struktur der Sozialversicherung in Kraft treten. Mit 1. April 2019 sollen pro Träger Übergangsgremien zur Vorbereitung der Zusammenlegung eingesetzt werden. Mit gleichem Datum soll auch die derzeit verordnete „Ausgabenbremse“bei den Sozialversicherungen wieder aufgehoben werden, heißt es.
Während die Regierung hofft, dass durch die Reform Verwaltungskosten eingespart werden können – Studien sprechen von bis zu 120 Mill. Euro –, fürchten die Arbeitnehmervertreter um ihren Einfluss. Der Tiroler AK-Chef, Erwin Zangerl (ÖVP), spricht von einem „Anschlag auf die Bundesländer“. Zudem würden die Arbeitnehmervertretungen und die Versicherten durch die Reform geschwächt werden. Es sei das völlig falsche Rezept, gut funktionierende Gebietskrankenkassen zu zerschlagen. Auch die von der SPÖ geführten Bundesländer sagen, dass es weder Gespräche noch Unterlagen zum Thema Sozialversicherung vonseiten der Bundesregierung gegeben habe.
Bei einem anderen brisanten Thema wurde am Donnerstag keine Einigung erzielt. Eigentlich hätte die Regierung bei der Sitzung des Verwaltungsrats bekannt geben sollen, wie viel Geld das Arbeitsmarktservice nächstes Jahr erhält. Die Regierung will diese Information nun erst beim Arbeitsmarktgipfel kommende Woche bekannt geben.