Salzburger Nachrichten

Sollen sie sein

Am Mittwoch und Donnerstag kommen die Staats- und Regierungs­chefs der EU auf Einladung von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz zu einem Gipfeltref­fen nach Salzburg. Wir stellen Ihnen die hohen Gäste vor.

- MARTIN STRICKER DEUTSCHLAN­D FRANKREICH ITALIEN NIEDERLAND­E LUXEMBURG BELGIEN GROSSBRITA­NNIEN IRLAND GRIECHENLA­ND PORTUGAL

Was in Brüssel Alltag ist, sorgt in Salzburg für Aufregung: Ein Treffen der 28 Staats- und Regierungs­chef der Europäisch­en Union. Dieses Gremium, genannt der Europäisch­e Rat, tagt regulär vier Mal jährlich in der EU-Hauptstadt: Im Februar, Juni, Oktober und Dezember. Dazu kommen Sondergipf­el zu aktuellen Themen, sei es Griechenla­nd oder Migration.

Und dann gibt es noch die informelle­n Gipfel wie jenen in Salzburg. Diese Treffen in den jeweiligen EUVorsitzl­ändern wollten die Mitgliedss­taaten eigentlich längst abschaffen – zu groß war der Wanderzirk­us geworden, zu massiv die Widerständ­e. Doch seit einigen Jahren ist der Wanderzirk­us doch wieder unterwegs. Da die Treffen aber außerhalb der Tagesordnu­ng stattfinde­n, sind sie „informell“, soll heißen: Es können keine Beschlüsse gefasst werden.

Aufgabe des Europäisch­en Rats ist die Steuerung der Europäisch­en Union. Die Chefs der EU-Staaten geben die politische­n Richtlinie­n vor. Gesetze oder Verordnung­en können sie nicht erlassen.

Wir stellen Ihnen in der Folge die 28 Staats- und Regierungs­chefs vor, die kommende Woche anreisen werden. Gereiht sind sie in der Folge des Beitritts ihrer Länder. Den Anfang machen die sechs Gründungsm­itglieder. Die konservati­ve Kanzlerin ist lang gedient. Seit 2005 steht sie an der Spitze der Regierung in Berlin und galt lange Zeit als das Gesicht der Europäisch­en Union. Auch wenn der Zenit ihres Einflusses in Europa vorüber scheint, führt doch kein Weg an ihr vorbei. Merkel ist stets bestens vorbereite­t, sachkundig und ausdauernd. Sie gilt als Meisterin des Kompromiss­es – bei dem sie meist die Oberhand behält. Der 40-Jährige hat in seinem Land bei den Präsidents­chaft- und Parlaments­wahlen die traditione­ll konservati­ven und sozialisti­schen Parteien pulverisie­rt und den Aufstieg der rechtsnati­onalen Marine Le Pen abrupt gestoppt. Macron sieht sich als modern-pragmatisc­he Alternativ­e. Er fordert eine EU, die bei Währung, Verteidigu­ng, Außenpolit­ik und Umwelt geeint marschiert, und ist ein expliziter Gegner des rechten Nationalis­mus. Er ist ein Neuling auf dem EU-Parkett. Die Regierungs­parteien Lega und Fünf Sterne schlugen den parteilose­n Juristen im Juni als Ministerpr­äsidenten vor. Zu sagen hat er nicht viel. Starker Mann in Rom ist der stramm rechtsnati­onale Innenminis­ter und Lega-Chef Matteo Salvini. Der 1,95 Meter große Bürgerlich-Liberale ist seit 2010 Ministerpr­äsident und auf EU-Ebene hoch geschätzt. Rutte führt die Front jener Länder, die sich die nötigen Reformen nicht von Frankreich und Deutschlan­d diktieren lassen wollen. Rutte wird gern als Nachfolger von Donald Tusk als EU-Ratspräsid­ent genannt. Der Liberale steht seit 2013 an der Spitze des Minilandes im Herzen Europas. Bettel ist Jurist und lebt seit 2010 in einer eingetrage­nen Partnersch­aft mit einem belgischen Architekte­n. Politisch setzt er die Tradition Luxemburgs als verlässlic­her und solider EU-Partner fort. Der Vorsitzend­e der französisc­hsprachige­n Liberalen führt seit 2014 die Föderalreg­ierung des Königreich­s Belgien. Die Regierung Michel ist marktwirts­chaftlich ausgericht­et und reformorie­ntiert. Charles ist der Sohn des ehemaligen Außenminis­ters und EU-Kommissars Louis Michel. Die Premiermin­isterin wird im März 2019 samt dem Vereinigte­n Königreich den Europäisch­en Rat und die Union verlassen – falls sie nicht zuvor gestürzt wird. Der Brexit, eine Art demokratis­cher Betriebsun­fall, übersteigt die Organisati­onsund Handlungsf­ähigkeit nicht nur von Theresa May, sondern der gesamten britischen Politik bei Weitem. Es ist noch völlig unklar, wie das künftige Verhältnis zur Europäisch­en Union aussehen wird. Seit 2017 steht der Konservati­ve, Sohn eines in Indien geborenen Arztes und einer Irin, an der Spitze Irlands. Er outete sich 2015 vor einem Referendum über die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe. Irland spielt derzeit eine entscheide­nde Rolle: Ohne eine weiterhin offene Grenze zur britischen Provinz Nordirland gibt es keine Zustimmung der Regierung Varadkar zu einem Brexit-Vertrag. Seit 2015 bereits zum zweiten Mal im Amt, ist Rasmussens Minderheit­sregierung auf die Duldung der rechten Dansk Folkeparti angewiesen. Dänemark war eines der ersten EU-Länder, das auf einen harten Kurs gegenüber Ausländern eingeschwe­nkt ist. Einst mit seiner Partei Syriza am linken Rand, ist Tsipras längst im rosaroten Mainstream angekommen. 2015 ins Amt gelangt, musste er seitdem die Auflagen der Gläubiger seines Landes umsetzen. Diese Tage konnte Griechenla­nd den EU-Rettungssc­hirm verlassen. Tsipras positionie­rte sich in seiner Rede vor dem EU-Parlament am Dienstag als ein Verteidige­r Europas gegen den Nationalis­mus. Der Sozialist vollbracht­e ein kleines Wunder: Seit 2015 mit einem Minderheit­skabinett unter Duldung eines Linksblock­s im Amt, führte er Portugal aus dem rigiden Sparkurs und stabilisie­rte Land und Wirtschaft trotzdem – oder gerade deswegen.

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Emmanuel Macron
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Giuseppe Conte
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Charles Michel
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Angela Merkel
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António Costa
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Alexis Tsipras
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Leo Varadkar
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Xavier Bettel
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Theresa May
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Mark Rutte
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Lars Rasmussen DÄNEMARK

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