Neuer Blick übers Mittelmeer
Die EU will an einer fairen Partnerschaft mit Afrika arbeiten. Dazu gehört das Angebot an junge Afrikaner, von Erasmus zu profitieren und eine Ausbildung in Europa machen zu können.
BRÜSSEL. Die EU-Kommission hat große Pläne mit Afrika. Ähnlich wie mit dem Europäischen Investitionsfonds (vulgo: Juncker-Fonds) soll für den riesigen Nachbarkontinent eine Investitionsoffensive gestartet werden. „Wir arbeiten nicht mehr für Afrika, sondern mit Afrika“, beschrieb EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini die „neue Seite“, die in der Kooperation mit den afrikanischen Staaten aufgeschlagen worden sei. Die EU sei bereits jetzt der wichtigste Wirtschaftspartner Afrikas – mit 36 Prozent des Handels und 40 Prozent der ausländischen Direktinvestition. China komme im Verglich dazu nur auf 14 bzw. fünf Prozent, sagte Mogherini.
Als Teil des gestern, Freitag, in Brüssel vorgestellten Pakets sollen bis 2027 100.000 Studenten aus Afrika vom Programm Erasmus+ profitieren, 700.000 Menschen soll eine Berufsausbildung ermöglicht und 10.000 Jobs geschaffen werden. Die Jugend in Afrika werde oft als „tickende Zeitbombe“gesehen, sie treffe aber vor Ort viele junge Unternehmensgründer, die an der wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents arbeiteten, betonte die EU-Außenbeauftragte. „Ja, es gibt ein demografisches Problem in Afrika, das sage ich auch als Frau“, räumte Mogherini auf Journalistenfragen ein. „Aber ich weigere mich, die junge Generation Afrikas selbst als Problem zu sehen. Das ist die größte Ressource Afrikas, vor allem die jungen Frauen.“Konkret sieht die EU-Kommission im kommenden EU-Haushaltsrahmen von 2021 bis 2027 für Maßnahmen außerhalb der EU 123 Milliarden Euro vor, ein Plus von 30 Prozent. Bis 2020 will die EU mit ihrem vor zwei Jahren gestarteten Afrika-Fonds bis zu 44 Milliarden Euro an Investitionsmitteln generieren. Bisher sind Projekte im Volumen von 24 Milliarden Euro in der Pipeline.
Als Hebel sollen künftig laut EUWirtschaftskommissar Jyrki Katainen nicht nur Zuschüsse, sondern vielmehr Garantien aus EU-Töpfen und moderne Finanzierungsmodelle dienen: „In Afrika sind bereits viele Unternehmen tätig, aber oft sind die Risiken noch zu groß. Wir wollen das ändern.“
Das Engagement der EU hat nicht zuletzt mit der Migrationsdruck aus vielen afrikanischen Ländern in Richtung Europa zu tun. „Die nordafrikanischen Staaten und die Europäische Union sind mit denselben Herausforderungen konfrontiert und haben die gleiche Pflicht, Migration und Sicherheitsfragen anzugehen“, betonte der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos bei dem Treffen der EU-Innenminister mit Vertretern der nordafrikanischen Staaten am Freitag in Wien. Avramopoulos sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Zusammenarbeit auf der Grundlage „von gegenseitigem Vertrauen“aus.
Bereits beim EU-Gipfel im Juli haben die Staats- und Regierungschefs in der Abschlusserklärung eine neue Ebene der Zusammenarbeit mit Afrika in Aussicht gestellt, „mit der auf einen spürbaren sozioökonomischen Umbau des afrikanischen Kontinents abgezielt und auf den Grundsätzen und Zielen aufgebaut wird, die von den afrikanischen Ländern in ihrer Agenda 2063 festgelegt wurden“.
Langfristig sollen die EU und Afrika ein umfassendes Freihandelsabkommen „von Kontinent zu Kontinent“schließen, sagte EU-Kommissionspräsident JeanClaude Juncker Mitte der Woche in seiner Rede zur Lage der Union. „Afrika braucht keine Almosen, Afrika braucht eine echte und faire Partnerschaft“, sagte er.
„Wir arbeiten nicht mehr für, sondern mit Afrika.“Federica Mogherini, EU-Außenbeauftragte