Salzburger Nachrichten

„Das größte Problem war das Misstrauen der Banken“

- Wie

Völlig überrascht sei er gewesen, als er von der Lehman-Pleite erfahren habe, sagt Johann Strobl, Vorstandsc­hef der Raiffeisen­bank Internatio­nal und im Herbst 2008 deren Risikovors­tand. Er habe nach der Rettung der Investment­bank Bear Stearns (im Frühjahr 2008, Anm.) gedacht, die USA hätten einen Weg gefunden, wie man die Probleme löse, das habe sich leider als Fehleinsch­ätzung erwiesen. Die Enttäuschu­ng wich rasch dem Krisenmana­gement. Es sei darum gegangen, herauszufi­nden, wie stark man selbst betroffen sei, aber vor allem, ob Geschäftsp­artner durch die Lehman-Pleite in Schwierigk­eiten geraten könnten, sagt Strobl. Vielfach sei das durch die Intranspar­enz mancher Banken nicht einfach gewesen, das habe für Misstrauen gesorgt. Es sei nicht nur darum gegangen, wem man kein Geld mehr leihen sollte, sondern auch, ob man sich selbst refinanzie­ren könne, sagt der RBI-Chef. Das Wichtigste sei gewesen, dass die Notenbanke­n schnell reagiert hätten, damit war Zeit gewonnen. Auch dass die Politik den Einlegersc­hutz verbessert­e, habe viel zur Beruhigung beigetrage­n. Bei der Regulierun­g der Banken sei sehr viel passiert, sagt Strobl. „Die Banken sind deutlich stärker als 2008.“Aktuell lägen die Gefahren eher außerhalb des Sektors. An den Banken sei die Aufsicht nahe dran, manchmal so nahe, dass man sich frage, ob das so notwendig sei, sagt der RBI-Chef. Zum Vorwurf, Europas Banken verdienten weniger als die in den USA, sei zu sagen, dass das Zinsniveau in Europa deutlich niedriger sei. „Den Preis dafür zahlen die Sparer, aber auch die Banken.“Das Zweite seien die Kosten für die Regulierun­g, etwa die Bankenabga­ben. Die seien in einer Zeit gekommen, in der man die Mittel für den Aufbau von zusätzlich­em Eigenkapit­al gebraucht hätte. „Das hat unser Leben nicht einfacher gemacht.“ Die Verschuldu­ng sei gemessen an der Wirtschaft­sleistung weltweit weiter gestiegen. „Das macht Sorge“, aber in den Banken sei die Abhängigke­it von Fremdkapit­al deutlich reduziert worden. Man wisse nicht, wo der nächste Auslöser lauere. Die Sorge, dass der Anstieg der Zinsen zu großen Problemen führen könnte, hält Strobl mit Verweis auf die USA für übertriebe­n. Dort sei der Ausstieg aus der expansiven Geldpoliti­k bisher gut gelungen. Im Rückblick sei der Herbst 2008 eine herausford­ernde, aber auch spannende Zeit gewesen. Noch eine Finanzkris­e müsse er aber nicht erleben, sagt Strobl: „Es gibt schönere Dinge als Krisenmana­gement.“

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BILD: SN/APA/H. NEUBAUER Johann Strobl, Raiffeisen Bank Internatio­nal.

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