Red-Bull-Vordenker: „Letzten Jahre waren demoralisierend“
Bekenntnisse von Technikguru Adrian Newey: In Singapur hängt viel vom Qualifying ab.
Dass das jeweilige Modell von Red Bull Racing als das beste der Formel 1 gilt, ist seit Jahren Adrian Newey zuzuschreiben. Seit 2006 ist er bei Red Bull, nun seit Langem Chef der Technikabteilung Red Bull Technologies in Milton Keynes. Seine Konstruktionen holten zwischen 1992 und 1997 bei Williams, 1998/1999 bei McLaren und ab 2010 bei Red Bull zehn Konstrukteurs-Weltmeisterschaften und ebenso viele Fahrertitel. Die SN sprachen mit dem 59-Jährigen vor dem Grand Prix in Singapur, in dem sich Red Bull Siegchancen ausrechnet. SN: Wie gut stehen die Chancen auf dem Stadtkurs wirklich? Adrian Newey: Auf den Strecken, auf denen Motorleistung die geringste Rolle spielt, gut. Zuerst in Monaco (heuer Sieg durch Ricciardo, Anm.) und dann in Singapur. Nur gibt es einen Nachteil. SN: Der wäre? Mercedes und Ferrari haben auch ausgezeichnete Autos. Gerade auf einem Stadtkurs ist die Startaufstellung immens wichtig. Und wenn wir durch Leistungsdefizit schon im Qualifying zurück sind, mindert das unsere Chancen beträchtlich. Es wird fast alles vom Quali-Resultat abhängen. SN: Red Bull bekommt im Winter mit Honda einen neuen Antriebspartner. Wie groß ist dabei die Herausforderung für den Autobauer? Die Installation ins neue Chassis wird so nicht das Problem sein. Honda hat natürlich andere Spezifika als Renault, aber sich darauf einzustellen ist keine große Sache. Wichtig ist, dass wir bisher ein sehr gutes Verhältnis zu Honda aufbauten. Was mich beeindruckt, ist, wie sehr die Japaner auf Erfolg fokussiert sind und welche Anstrengungen sie dafür unternehmen. Wir stehen vor aufregenden Zeiten, nachdem die vergangenen Jahre sehr frustrierend waren – mit dem besten Auto keine WM-Chance zu haben ist demoralisierend. Honda wird auch für uns ein moralischer Boost werden. SN: Mit Adrian Newey als Chief Technical Officer? Bleiben Sie ganz der Formel 1 treu oder wollen Sie, wie früher erwähnt, andere Projekte verfolgen? Nun, der gemeinsame ValkyrieSupersportwagen mit Aston Martin ist abgeschlossen. Da verwendete ich auch viel Zeit dafür. Die vergangenen 15 Monate konzentrierte ich mich wieder auf die Arbeit an F1Autos. Aber mittlerweile haben wir mit Pierre Waché einen exzellenten Technischen Direktor, der eine ausgezeichnete Mannschaft führt. SN: Dafür verliert Toro Rosso den Technikchef James Key an McLaren. Ein großer Nachteil? Auch innerhalb von Red Bull ist jedes Team für sich verantwortlich. Wir sind sehr vorsichtig und achten die Regeln, was gemeinsame Teile betrifft. Soweit dies gestattet ist, macht Austausch für uns Sinn. Key war manchmal etwas negativ, mehr möchte ich nicht sagen. SN: Mit Verstappen und Gasly hat Red Bull nächste Saison vermutlich das jüngste Fahrerduo. Ist das ein Nachteil für die Ingenieure? Über Pierre kann ich noch nicht viel sagen, weil ich noch nicht mit ihm arbeitete. Aber Max ist jetzt trotz seiner Jugend im vierten F1-Jahr und hat daher schon jede Menge Erfahrung. Sein technischer Feedback ist sehr gut. SN: Bei welchen Rennen sind Sie heuer noch vor Ort – und 2019? Heuer Singapur und Austin, 2019 ist noch offen. SN: Sie sind ja unter die Buchautoren gegangen. Mit welchen Erfahrungen? Und verraten Sie da jetzt Geheimnisse? Es war interessant, ein Buch mit technischem Fokus für eine breitere Leserschaft zu schreiben. Das war eine Herausforderung, von der spezifischen Ingenieurssprache wegzukommen. Geheimnisse verraten? Hmmm. Die Formel 1 ist so schnelllebig, dass das, was kürzlich geheim war, heute schon wieder allgemein bekannt ist.