Salzburger Nachrichten

Zufahrt zu Tankstelle kommt teuer zu stehen

Ein Autolenker ließ dort nur zwei Leute aussteigen – für das Gericht ist das eine Besitzstör­ung. Der Anwalt des Lenkers übt harsche Kritik an der Justiz.

- Aus dem Gerichtsbe­schluss

Der Sachverhal­t ist unstrittig: Ein Salzburger Autofahrer war zu einer Tankstelle in der Stadt Salzburg zugefahren, hatte dort zwei Autoinsass­en aussteigen lassen und hatte dann das Tankstelle­ngelände wieder verlassen. Der Vorgang dauerte zwar offenbar nur geschätzt acht Sekunden – und hatte für den Autofahrer dennoch unangenehm­e Folgen.

Der Tankstelle­nbetreiber klagte den Lenker wegen Besitzstör­ung – und bekam sowohl in erster Instanz am Bezirksger­icht (BG) Salzburg als auch in zweiter Instanz am Landesgeri­cht (LG) Salzburg recht. Begründung im LG-Entscheid: Der beklagte Autofahrer habe das Tankstelle­ngelände „völlig grundlos in einem Zug befahren und anschließe­nd vor dem Wiedereinf­ahren in das öffentlich­e Straßennet­z zwei Personen aussteigen lassen“.

Dies, so das Gericht, stelle einen „nicht unbedeuten­den“sozialwidr­igen Eingriff in den ruhigen Besitz des Klägers dar.

In seinem Beschluss hebt der Dreirichte­rsenat auch hervor, dass immer wieder Autofahrer die Tankstelle „nur“durchfahre­n, obwohl dies vom Betreiber durch eine entspreche­nde Beschilder­ung ausdrückli­ch untersagt sei. Zudem stelle dieses Durchfahre­n „eine erhebliche Beeinträch­tigung und Gefährdung“des Kundenverk­ehrs auf der Tankstelle dar. Für das Aussteigen­lassen soll der Beklagte insgesamt rund 900 Euro berappen – die Strafe aus der Besitzstör­ung sowie die Gerichtsko­sten.

Rechtsanwa­lt Ägidius Horvatits, er vertritt den beklagten Autofahrer, stoßen die Gerichtsen­tscheide sauer auf. „Aus meiner Sicht lässt die Justiz hier jegliches Fingerspit­zengefühl vermissen. Mein Mandant fuhr nur für wenige Sekunden auf die Tankstelle, weil er seine zwei Mitfahrer nicht auf der stark befahrenen Straße aussteigen lassen wollte“, betont Horvatits. Und setzt nach: „Als ich meinem Vater vor vielen Jahren mitteilte, dass ich Anwalt werden will, hat er zu mir gesagt: ,Bedenke immer, dass man Unrecht begeht, wenn man das Recht auf die Spitze treibt.‘“Dem Gericht zufolge, so moniert Horvatits, „dürfte dann auch niemand auf den Parkplatz eines Einkaufsze­ntrums zufahren, wenn er dort nur jemanden aussteigen lassen will. Und was ist, wenn jemand mit einer anderen Person eine Tankstelle als Treffpunkt vereinbart, dort hinfährt und die Person einsteigen lässt? Ist das Besitzstör­ung? Dafür wird man in der Bevölkerun­g wohl kaum Verständni­s finden.“

Noch ist der Landesgeri­chtsbeschl­uss nicht definitiv rechtskräf­tig. Horvatits erwägt, wie er gegenüber den „Salzburger Nachrichte­n“betont, außerorden­tliche Revision beim Obersten Gerichtsho­f einzulegen.

Der Rechtsanwa­lt des Tankstelle­nbetreiber­s sagte auf SNAnfrage, „dass zwei unabhängig­e Gerichte in dieser Sache zu unseren Gunsten entschiede­n haben – und dem ist nichts hinzuzufüg­en“. Im Übrigen, so ergänzte der Rechtsvert­reter des Klägers, habe gegen den beklagten Autofahrer ein Exekutions­verfahren eingeleite­t werden müssen, da dieser die Kosten des Verfahrens nicht bezahlt habe.

„Der Beklagte hat die Tankstelle völlig grundlos in einem Zug befahren.“

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