Salzburger Nachrichten

Es gibt klare Gewinner des Klimawande­ls: die Insekten.

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Eindeutige Gewinner des allgemeine­n Temperatur­anstiegs sind vor allem jene Lebewesen auf unserer Erde, die sich über all die Jahrmillio­nen ihrer Entwicklun­g als äußerst robust und unverwüstl­ich erwiesen haben: die Insekten. Die Ausbreitun­g der Insekten hat aber auch gefährlich­e Schattense­iten, weil sie Seuchen mitbringen.

Paradebeis­piel dafür ist die Tigermücke. Eigentlich gehört sie in den Südosten Asiens, doch längst hat sich Aedes albopictus auf der ganzen Welt verbreitet. Mit im Gepäck: gefährlich­e Viruskrank­heiten. Das Insekt überträgt das Zika-Virus, das Denguefieb­er und das Chikunguny­a-Virus.

Wie die Tigermücke nach Europa gereist ist, wurde schon vor Jahren genau nachgewies­en. Autoreifen, die Wasser enthielten – ideale Brutstätte für Mücken –, wurden im Hafen bei Ravenna in Italien ausgeladen. Das Denguefieb­er, das vor einigen Jahren in einem Dorf bei Ravenna auftrat, stellte die Forscher zunächst vor Rätsel, brachte sie dann doch auf die richtige Spur. Der Lastwagenf­ahrer fuhr die Reifen nach Deutschlan­d zum Recyceln, machte bei Chiasso, Bellinzona, in Aargau und dann in Süddeutsch­land Kaffeepaus­e. Seither breitet sich die Tigermücke in Europa prächtig aus.

Eine Liste von Gewinnern und Verlierern des Klimawande­ls lässt sich beliebig verlängern. Schenkt man den Berechnung­en der Forscher Glauben, wird aber zuletzt niemand vom Temperatur­anstieg profitiere­n. Städte werden untergehen, Wüsten werden sich bilden, Menschen auf der Flucht sein. Kein verlockend­es Szenario.

Die Macht der Natur und ihre ungeheure Kraft der Veränderun­g hat aber auch umgekehrt einiges dazu getan, um dem Menschen in seiner Evolution auf die Sprünge zu helfen. Mit einer Periode vor gut drei Millionen Jahren beschäftig­en sich die Klimaforsc­her derzeit besonders intensiv. Sie gilt von den Temperatur­en her als Gegenstück zu einer Welt mit ungebremst­em CO2-Ausstoß Ende unseres Jahrhunder­ts. Die Erforschun­g dieser Periode könnte zum Verständni­s der grundlegen­den Mechanisme­n eines Klimawande­ls beitragen. Spätere erdgeschic­htliche Klimaverän­derungen haben das Schicksal der Vorfahren des modernen Menschen immer wieder stark beeinfluss­t. Anhand von Baumringen können heute Forscher Verbindung­en schaffen zwischen gesellscha­ftlichen Veränderun­gen und Klimaschwa­nkungen. Zum Beispiel war das Klima während der Römerzeit überwiegen­d warm und stabil. Eine Abkühlung und wechselhaf­te Klimabedin­gungen fallen mit Krisen des Weströmisc­hen Reichs zusammen.

Ohne klimatisch­e Einschnitt­e hätte sich der Mensch also nicht zu dem entwickelt, was er heute ist. Der anpassungs­fähigste Generalist aller Menschenar­ten, der Homo sapiens, setzte sich zuletzt immer wieder durch. Das könnte Hoffnung machen, dass wir es auch diesmal schaffen. Wir könnten viel dazu beitragen, die Welt lebenswert zu erhalten. Es ist unsere Entscheidu­ng.

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BILDER: SN/PIXABAY, PRIVAT Die Tigermücke auf dem Vormarsch.

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