Ein Heilmittel gegen die Demenz liegt noch in weiter Ferne
Der Ausstieg des Pharmariesen Pfizer aus der Demenzforschung hat viele Hoffnungen begraben. Im Gegensatz dazu gibt es bei Multipler Sklerose Fortschritte.
In den nächsten 20 bis 30 Jahren erwarten Experten keinen durchschlagenden Erfolg bei der Therapie der Alzheimer-Demenz. Ein entscheidender Rückschlag war Anfang dieses Jahres die Mitteilung des US-Konzerns Pfizer gewesen, dass er sein Programm zur Entwicklung neuer Mittel gegen Alzheimer und Parkinson einstelle. Bei anderen Unternehmen habe es ähnliche Rückschläge in der Demenzforschung gegeben, hieß es dazu jüngst beim medizinischen „future forum“in St. Ulrich am Pillersee. Bessere Aussichten auf wirksame Medikamente gebe es dagegen für Multiple Sklerose.
Für Patientinnen und Patienten mit Alzheimer-Demenz gibt es wenig Hoffnung, dass in den nächsten 20 bis 30 Jahren ein hochwirksames Medikament verfügbar ist. Dies stellte der Wiener Neurologe und Psychiater Eduard Auff beim medizinischen „future forum 2018“in St. Ulrich am Pillersee fest.
Ein Anlass für diese pessimistische Einschätzung ist für Auff, „dass sich die Pharmaindustrie langsam von der Entwicklung solcher Medikamente verabschiedet“. Unter anderem teilte der US-Konzern Pfizer Anfang 2018 mit, dass er sein Programm zur Entwicklung neuer Mittel gegen Alzheimer und Parkinson einstelle. Das eingesparte Geld solle künftig dort ausgegeben werden, „wo die Aussichten am größten sind“.
Wie Auff dazu im SN-Gespräch feststellte, habe es auch bei anderen Unternehmen Rückschläge in der Demenzforschung gegeben. „Mehrfach wurden Präparate entwickelt, die in den ersten Studien wirksam zu sein schienen. Dies hat sich dann aber in den klinischen Studien nicht bestätigt.“Derzeit könne man nur abwarten, ob jene Medikamente, an denen noch geforscht werde, wirksamer sein würden. Der Ansatz bei diesen Präparaten sei unverändert meist am Amyloid. Das heißt, dass man versucht, die Ablagerungen im Gehirn zu zerstören und dadurch die Krankheit zu stoppen oder bis zu einem gewissen Grad sogar rückgängig zu machen.
Eine solche Therapie käme aber, wenn es sie denn gäbe, „meistens wohl zu spät“, befürchtet Auff. Das Ziel müsse daher sein, die Krankheit so frühzeitig zu erkennen, dass man sie schon im Anfangsstadium behandeln könnte – was an den derzeitigen diagnostischen Möglichkeiten scheitert.
Anders sei das bei der vaskulären Demenz, die von Durchblutungsstörungen im Gehirn ausgelöst wird. Diese wäre durch mehr Augenmerk auf den Bluthochdruck relativ leicht beeinflussbar. „Hier haben wir einen frühzeitigen Ansatz, indem der Blutdruck konsequent gemessen wird und ein erhöhter Blutdruck auch behandelt wird“, sagt Auff. Damit könnte man das Risiko, an einer vaskulären Demenz zu erkranken, deutlich senken. „Wir sind bei der Behandlung von Bluthochdruck vorsichtig gesagt auf einem guten Weg, aber das Ziel ist noch in weiter Ferne“, sagt Auff.
Mehr Chance als bei der Demenz, die Erkrankung schon frühzeitig zu erkennen, sieht der Wiener Neurologe und Psychiater beim Parkinson. „Es kristallisiert sich heraus, dass wir eine Vielzahl von Symptomen finden bei Menschen, die noch nicht an Parkinson erkrankt sind.“Der direkte Zusammenhang mit Parkinson-Symptomen sei zwar noch nicht gegeben. „Aber wenn man eine Vielzahl dieser Symptome in Zusammenhang bringt mit erhöhten Risikofaktoren für Parkinson, dann könnte das zur Früherkennung der Krankheit beitragen.“
Die besten Aussichten für die „Medizin 2025“, um die es beim „future forum“in St. Ulrich am Pillersee gegangen ist, sieht Auff bei der Multiplen Sklerose. „Hier haben wir Medikamente zur Verfügung, durch die wir nicht nur Symptome behandeln, sondern direkt in den Verlauf der Krankheit eingreifen können. Entscheidend ist dabei, dass die Behandlung möglichst früh ansetzt. Dadurch können die möglichen Folgen der Multiplen Sklerose weitgehend hintangehalten werden.“
Konkret geht es um die ersten zehn Jahre einer Multiplen Sklerose. In dieser Zeit spielen Entzündungsprozesse eine große Rolle. „Genau in diesen Entzündungsmechanismus können wir heute durch eine ganze Palette von Medikamenten sehr gut eingreifen. Damit können wir die Auswirkungen der Multiplen Sklerose massiv verringern“, sagt Auff. Im Wesentlichen gehe es darum, die Häufigkeit der Krankheitsschübe zu reduzieren, im günstigsten Fall vollständig.