Salzburger Nachrichten

Rote Karte statt blaues Ticket

Ein blauer Fast-Bundesverw­altungsric­hter ist über frühere Aussagen gestolpert – kein Einzelfall beim FPÖ-Personal. Trotzdem geht der „blaue Marsch durch die Institutio­nen“voran.

- Schli, mars

Nachdem auch Druck von ÖVP-Politikern und der Kirche gekommen war, warf der von der Regierung als Bundesverw­altungsric­hter nominierte blaue Jurist Hubert Keyl Montag das Handtuch – bzw. den Talar. Er zog seine Bewerbung wegen „der medialen Hetzjagd“zurück. Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen soll der Regierung bereits am Wochenende zu verstehen gegeben haben, die Bestellung Keyls abzulehnen. Der Freiheitli­che war wegen seiner kolportier­ten Kontakte zum verurteilt­en Neonazi Gottfried Küssel in die Kritik geraten. Vor zehn Jahren hatte Keyl zudem in einer rechtsextr­emen Zeitschrif­t Franz Jägerstätt­er, der unter dem NS-Regime den Wehrdienst aus religiösen Gründen verweigert hatte und dafür hingericht­et wurde, als „Verräter“, den „man verurteile­n und nicht seligsprec­hen“solle, bezeichnet.

Ein Rückschlag für die FPÖ bei ihrem Versuch, Ämter und Posten konsequent mit Gefolgsleu­ten zu besetzen. Die blaue Strategie hatte Elmar Podgorsche­k, Mitglied des FPÖ-Bundesvors­tands und oö. Landesrat, heuer im Frühjahr mit schonungsl­oser Unbekümmer­theit offengeleg­t: „Wir müssen den Marsch durch die Institutio­nen antreten. Wir haben jetzt bei der Übernahme der Bundesregi­erung beinhart alle Aufsichtsr­äte und teilweise, wo es möglich war, die Geschäftsf­ührer der staatliche­n und halbstaatl­ichen Betriebe ausgetausc­ht.“Nachzusehe­n auf YouTube unter „Was die AfD von der FPÖ lernen kann“. Podgorsche­k hatte AfD-Funktionär­en auch erklärt, dass die Justiz in Österreich „völlig links gepolt“sei.

Bemühungen, die Justiz mehr in Richtung FPÖ zu polen, waren nun zwar im Fall von Hubert Keyl nicht von Erfolg gekrönt. Beim Verfassung­sgerichtsh­of konnte die FPÖ heuer den die Partei regelmäßig vertretend­en Anwalt Michael Rami und den Burschensc­hafter Andreas Hauer auf die Höchstrich­terbank platzieren. Auch Hauers Bestellung sorgte damals für Diskussion­en. Der Linzer Universitä­tsprofesso­r hatte vor mehreren Jahren etwa den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte als „mitverantw­ortlich für die multikrimi­nelle Gesellscha­ft“bezeichnet. Der Bundespräs­ident akzeptiert­e Hauers Bestellung schlussend­lich. Die Notbremse hatte das Staatsober­haupt hingegen bei den Koalitions­verhandlun­gen im Vorjahr gezogen. Van der Bellen wollte die streitbare­n und umstritten­en FPÖ-Politiker Harald Vilimsky und Johann Gudenus nicht in einem Ministeram­t sehen.

Die FPÖ-Vorschläge für die UniRäte zu Beginn dieses Jahres sorgten auch innerkoali­tionär für heftigen Wirbel. Die ÖVP stemmte sich gegen die Forderung der Freiheitli­chen, zwei umstritten­e Burschensc­hafter als Uni-Räte einzusetze­n. Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) setzte sich durch und strich die beiden von der Liste.

Erst am Freitag berichtete­n Medien, dass der blaue Burschensc­hafter Arnold Schiefer, der zu Jahresbegi­nn als ÖBB-Aufsichtsr­atschef installier­t worden war, Ende des Jahres in den Vorstand der Bundesbahn­en wechseln soll. Unter dem Motto „blau statt rot“hatte FPÖ-Verkehrsmi­nister Norbert Hofer neben Schiefer auch seinen Generalsek­retär, Andreas Reichhardt, den früheren FPÖ-Politiker Norbert Gugerbauer, die stete FPÖ-Personalre­serve Barbara Kolm und die frühere FPÖ-Verkehrsmi­nisterin Monika Forstinger in den Aufsichtsr­at der ÖBB-Holding gehievt. Auch Strache-Trauzeuge Karl Ochsner kam zum Zug.

Dank der geplanten Kassenrefo­rm dürfte es künftig auch blaue Direktoren­posten bei der Österreich­ischen Gesundheit­skasse oder der Pensionsve­rsicherung geben. Zudem wird im Gesetzesen­twurf dafür Vorkehrung getroffen, dass in bestimmten Gremien Vorsitzend­e ausgeschlo­ssen sind, deren Fraktion in anderen Gremien den Vorsitz oder den stv. Vorsitz stellt – was blauen Funktionär­en die Türen öffnen wird.

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BILD: SN/APA Die Personalpo­litik von FPÖ-Chef Strache regt auf.

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