Krach in der Großen Koalition
Die SPD fordert den Rücktritt von Verfassungsschutzpräsident Maaßen. Doch Innenminister Seehofer hält über ihn schützend seine Hand. Wie entscheidet Kanzlerin Merkel?
BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll sich entschieden haben, dass der umstrittene Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen gehen muss. Eine Regierungssprecherin wollte diesen Medienbericht am Montag freilich nicht kommentieren und verwies auf ein Treffen Merkels mit SPD-Chefin Andrea Nahles und CSU-Chef Horst Seehofer heute, Dienstag, in Berlin.
Da Seehofer als Innenminister und oberster Dienstherr Maaßen stützt, droht eine neue Eskalation des Konflikts zwischen Merkel und Seehofer – möglich wäre dann auch ein Aus für Seehofer.
Wie nahe steht der Präsident des Bundesverfassungsschutzes der rechtspopulistischen AfD? Schon vor Wochen hatte es Berichte über Kontakte Maaßens zur ehemaligen AfD-Chefin Frauke Petry, aber auch zum jetzigen Parteichef Alexander Gauland gegeben. Nun hat diese Nähe eine neue Eskalationsstufe erreicht. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner hat erklärt, dass Maaßen ihm fünf Wochen vor der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts bereits über Details daraus berichtet habe. Maaßen bestreitet das allerdings.
Eine solche Bevorzugung finden die Vertreter der anderen Parteien skandalös, erhalten sie den Bericht doch erst am Tag der Veröffentlichung. Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic fragte, ob eine politische Nähe bestehe und ob es sogar exklusive Beratungsleistungen gegeben habe. Vor Wochen hatte eine AfD-Aussteigerin behauptet, Maaßen habe Petry Tipps gegeben, wie die Partei eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz vermeiden könne. Sowohl Petry als auch Maaßen haben dieser Darstellung widersprochen.
Für Maaßens Job gefährlich ist jedoch der Druck der SPD auf den Koalitionspartner. Dort ist man mehr als unzufrieden mit den bisherigen Erklärungen Maaßens zu seinen Äußerungen zu den fremdenfeindlichen Ereignissen in Chemnitz. Der oberste Verfassungsschützer hatte in einem Interview Kanzlerin Merkel widersprochen und behauptet, es habe keine Hetzjagden in Chemnitz gegeben. Zudem hatte er die Authentizität eines entsprechenden Videos angezweifelt. Nachdem ihn Innenminister Seehofer aufgefordert hatte, Beweise für seine Aussagen vorzulegen, krebste Maaßen zurück und sprach von einem semantischen Missverständnis.
Wie FDP, Grüne und Linkspartei ist auch die SPD genervt vom Verhalten des Verfassungsschutzpräsidenten, der übrigens auch in der Union auf immer weniger Rückhalt zählen kann. Seehofer sprach ihm jedoch vorigen Donnerstag im Bundestag noch einmal sein Vertrauen aus. Dafür hat die SPD jedoch kein Verständnis. Generalsekretär Lars Klingbeil machte deutlich: „Für die SPD-Parteiführung ist völlig klar, dass Maaßen gehen muss. Merkel muss jetzt handeln.“
In Berlin wird nun gerätselt, wie weit die SPD gehen will. Wenn es nach Juso-Chef Kevin Kühnert geht, dann ist nun das Ende der Großen Koalition (GroKo) gekommen. Wenn Maaßen im Amt bleibe, „kann die SPD nicht einfach so in der Regierung weiterarbeiten“. Es gilt aber als wenig wahrscheinlich, dass die Parteispitze Kühnert folgt.
Denn ungünstiger könnte der Zeitpunkt für einen Bruch nicht sein. Die Umfragewerte sind schlecht. Bei der Bayern-Wahl in vier Wochen müssen die Genossen mit einem desaströsen Ergebnis von elf Prozent rechnen. In Hessen sieht es 14 Tage später nicht besser aus.