Salzburger Nachrichten

Eine Neuwahl hilft nicht wirklich weiter

Der große Verlierer wäre, wie so häufig in jüngster Zeit, das britische Volk.

- Katrin Pribyl AUSSEN@SN.AT

Zum Start der Parteitage wird nicht mehr nur in Westminste­r gemunkelt, dass den Briten bald eine Neuwahl ins Haus stehen könnte. Schon wieder. Es wäre die dritte innerhalb kürzester Zeit, nachdem die Briten bereits 2015 und 2017 ihr Parlament wählen durften – oder vielmehr mussten. Wenn das Brexit-Votum eines gezeigt hat, dann dies: Die Menschen haben das Vertrauen in ihre politische Klasse verloren.

Anstatt dieses durch Glaubwürdi­gkeit, Kompromiss­bereitscha­ft und eine Politik im Sinne des Gemeinwohl­s zurückzuge­winnen, nehmen die Angriffe und Grabenkämp­fe innerhalb der großen Parteien nur noch weiter zu. Eine Neuwahl ist das Letzte, was das tief gespaltene und der Politik überdrüssi­ge Land braucht.

Anstatt das Königreich zu einen und sich auf eine gemeinsame Brexit-Strategie festzulege­n, machen sowohl die Konservati­ven als auch die Sozialdemo­kraten abermals den Fehler, ohne Rücksicht auf Verluste ihre Partei und Machtverse­ssenheit über die Menschen zu stellen, die sie vertreten.

Die nächste Frage, die sich stellt, lautet: Was soll eine neuerliche Abstimmung bringen? Ja, die Situation ist verzwickt. Premiermin­isterin Theresa May, deren größte Gegner in der eigenen Partei sitzen, hat kaum Handlungss­pielraum und verbleibt lediglich in ihrem Amt, weil es bisher keinen besseren Kandidaten gab und niemand die undankbare Aufgabe übernehmen wollte, einen Brexit-Deal mit Brüssel auszuhande­ln – zumal sowohl das Land als auch das Parlament in der Europa-Frage so zerstritte­n sind wie eh und je. Aber würde eine Neuwahl die Lösung bringen, wenn der linke EU-Skeptiker Jeremy Corbyn für Labour und der lautstarke Brexit-Hardliner Boris Johnson für die Konservati­ven ins Rennen gehen? Beide polarisier­en und spalten die britische Gesellscha­ft in zwei unversöhnl­iche Lager. Beide hinterlass­en ein Vakuum in der frustriert­en Mitte.

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