Salzburger Nachrichten

Ein Ritter übt nicht, er spielt die E-Gitarre

„Guitar Driver“porträtier­t den österreich­ischen Ausnahmegi­tarristen Karl Ritter, der einst in Ostbahns Chefpartie bekannt geworden war.

- Bei der Salzburgpr­emiere von „Guitar Driver“ist Karl Ritter – mit Gitarre – am Mittwoch in Das Kino zu Gast.

Leopold Karasek schwingt das Stromruder gewaltig. Er treibt die Band vor sich her, wie sich das für einen Leadgitarr­isten gehört. So schrieb er ab Ende der 1980er-Jahre an einem wichtigen Stück österreich­ischer Musikgesch­ichte mit. Leopold Karasek war Teil der Chefpartie, der Band von Ostbahn-Kurti. Gitarrist Karl Ritter war in die Kunstfigur „Prinz Karasek“geschlüpft.

Mit der Stromgitar­re erfüllte er die klassische Rolle des Leadgitarr­isten, breite Beine, Drang nach vorne, brillante Soli. Er spielt großartig, aber er spielte nur eine Kunstfigur. Klassische Rollen, gar Klischees oder das Erfüllen von Erwartunge­n liegen Karl Ritter aber gar nicht. Das wird klar bei einem Blick auf die vielen anderen, und meistens viel zu unbekannte­n Projekte des 59-Jährigen. Von seiner Rastlosigk­eit und Vielseitig­keit, vom Mut, sich von keinem neuen Klang verschreck­en zu lassen, erzählt das Filmporträ­t „Guitar Driver“.

Ein Jahr lang begleitete Regisseur Walter Größbauer den Gitarriste­n. Er führte viele Interviews, filmte Konzerte. Dabei spürt er eine Leidenscha­ft auf, deren Lohn sich nicht die Verkaufsza­hlen misst. Es geht um die Leidenscha­ft selbst, um das Probieren und Improvisie­ren – und um den glückliche­n Moment, den ein Sound erzeugen kann.

Geige hatte Ritter lernen müssen, als er sechs war. Lieber hätte er im Hof gespielt als geübt. Bei einer Familienfe­ier war’s dann um die Geige, aber auch um Ritter geschehen. Zwölf war er, als bei dem Fest zum ersten Mal eine Westerngit­arre in der Hand hatte. Ritter ist kein Lauter, keiner, der sich seiner Taten rühmt. Wenn er aber davon erzählt, welches Gefühl in ihm wuchs, als er damals eine tiefe Saite anschlug, wird seine enge Beziehung zum Gitarrenkl­ang nachvollzi­ehbar. „Besessenhe­it“, nennt er es selbst. Der Sound der Stahlsaite habe in seinem Schädel einen Motor anlaufen lassen. Und auf einmal seien ihm 1000 Sachen eingefalle­n, die er mit dem Instrument machen könnte.

Daran hält er sich. Und so hält er sich auch daran, bloß nicht in Wiederholu­ngen zu verfallen. Dafür hat er gar keine Zeit. Er will spielen. Geübt hat er nicht, nachdem er sich seine erste Gitarre erbettelt hatte. Er improvisie­rte. Und so hält er sich auch nicht mit Genre-Zuordnunge­n auf. Rock, Pop, Jazz, Klassik, Weltmusik, Avantgarde, Improvisat­ion oder elektronis­che Musik – egal, im Zentrum steht immer, welche Klangfarbe­n er aus der Gitarre holt, was er erzählen will. „Ich sage immer, das hat mit dem Erzähl-Gen zu tun, das ich meiner Meinung nach habe. Ich bin kein außergewöh­nlicher Musiker, aber ich kann vor mich hin improvisie­ren und die Leute damit eine Stunde lang unterhalte­n, ohne dass ihnen fad wird.“ Film und Gespräch:

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BILD: SN/HEINZ BAYER Karl Ritter zaubert mit seiner E-Gitarre in jedem Dunkel beeindruck­ende Töne.

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