Pflanzen, die auch töten können
Von Adonisröschen bis Zimtrinde: Eine Steirerin hat eine „Kriminalgeschichte der Pflanzen“geschrieben. Das Buch versteht sich aber freilich nicht als „Ratgeber für Giftmischer und Selbstmörder“.
Sie verursachen Würgegefühle und Schmerzen, sie berauschen und betäuben, sorgen für Wahnvorstellungen, Schweißausbrüche, Kammerflimmern oder Atemstillstand. Die Rede ist von „bösen Pflanzen und fiesen Kräutern“, wie Klaudia Blasl sie bezeichnet. Die Steirerin hat nun nach längeren Recherchen eine „Kriminalgeschichte der Pflanzen“(Emons Verlag) geschrieben: „111 tödliche Pflanzen, die man kennen muss.“
Immerhin seien bis vor etwa 100 Jahren nahezu zwei Drittel aller Vergiftungsfälle auf pflanzliche Übeltäter zurückzuführen gewesen, heißt es im Vorwort: Und: „Die Gefahr ist nicht gebannt.“Laut Blasl versteht sich ihr Buch keineswegs als Ratgeber für Giftmischer oder Selbstmörder. Ihr zweckdienlicher, durchaus lebensverlängernder Hinweis lautet: „Also bitte nur lesen, nicht ausprobieren.“Was mit dem Adonisröschen beginnt, endet mit Zucchini. Wie bitte? Zucchini? Wie kann das sein? Klaudia Blasl beschreibt die Unterart des Gartenkürbisses als „Killergemüse für Hobbygärtner“. Schuld an den mehr oder weniger tödlichen Unverträglichkeiten des an sich harmlosen Gemüses seien toxische Bitterstoffe, die Cucurbitacine, welche den Magen-Darm-Bereich schädigen können, was schlimmstenfalls zu einer Blutvergiftung mitsamt Organversagen führen kann. Wenn Zucchini auffallend bitter schmecken, sind sie also nur noch ein Fall für den Abfalleimer.
Die Autorin, die auch Krimischriftstellerin ist, überrascht mit so mancher ihrer aufgelisteten Pflanzen. Die Aloe vera etwa wird als „mörderische Pille danach“beschrieben. Die Einnahme der ungeschälten Blätter sei nämlich „bestenfalls schwer abführend und schlimmstenfalls tödlich“: „Früher wurde die Pflanze deshalb oft zu Abtreibungszwecken verwendet.“
Mit der Tollkirsche findet sich ein Giftpflanzen-Klassiker im Buch: Bereits in der Steinzeit sei ihr Extrakt als Pfeilgift verwendet worden, in der Antike habe man aus Schlafbeeren, Opium und Bilsenkraut ein lebensbedrohliches Narkosemittel zusammengerührt. Wichtig: Bereits zehn bis zwölf Beeren oder 0,3 Gramm Blattwerk können für den Menschen tödlich sein.
Die Kriminalgeschichte sei, so Blasl, voll von Morden an Ehepartnern, Schwiegermüttern, Säuglingen, Erbtanten und Heimpatienten. Sogar „Secondhand-Morde“würden dem höllischen Kraut gelingen: „In Österreich landete eine ganze Familie im Krankenhaus, weil sie Wachteln verspeiste, welche sich ihrerseits kurz zuvor an den schwarzen Beeren delektiert hat- ten.“Ein sommerlich duftender Strauch mit mediterranem Flair dürfte, so die Steirerin weiter, eigentlich nur mit Totenkopfsymbol verkauft werden. Gemeint ist der Oleander. Die einst als Giftrosenbaum bekannte Pflanze sei insbesondere in Italien vielen Männern zum Verhängnis geworden, da sie die Gifte des Oleanders nutzen wollten, um bei der militärischen Musterung herzleidend zu erscheinen oder malariaartige Zustände zu simulieren. Bereits fünf Blätter gelten als letale Dosis. Fazit von Klaudia Blasl über den „pflanzlichen Serienkiller“: „Sogar Oleanderhonig kann lebensgefährlich sein.“
Als „gefährlicher Kinderverführer“ist der Goldregen in die Pflanzengeschichte eingegangen. Was Vergiftungen betrifft, rangiere diese Pflanze im Spitzenfeld, heißt es, der Zierstrauch verfüge nämlich über sehr giftige Samen. Auch müsse man Kinder vor den bohnenartigen Schoten und dem recht süß schmeckenden Wurzelstock warnen, schreibt Blasl, die weiters vor dem Mohn warnt: Mit ihm könne man Strudel backen oder Leut’ umbringen. Die poetisch-lieblichen Namen der Pflanzen dürfen nicht über ihre Gefährlichkeit hinwegtäuschen. Unter den 111 beschriebenen Pflanzen finden sich etwa Buschwindröschen, Gottesgnadenkraut, Maiglöckchen, Kirschlorbeer, Korallenbäumchen, Märzenbecher, Pfaffenhütchen oder Wunderbaum.
Klaudia Blasl beschreibt in mitunter kerniger Diktion die Geschichte, die Inhaltsstoffe und Wirkung jener Pflanzen, deren Verabreichung fatale Folgen haben kann. Auch wenn manches augenzwinkernd geschrieben ist: Das Thema ist (tod)ernst.
„Vorsicht ist besser als Friedhof.“ Klaudia Blasl, Autorin