Salzburger Nachrichten

Labour scheitert an der Aufgabe

Die Opposition könnte das dringend nötige Gegengewic­ht sein.

- Katrin Pribyl AUSSEN@SN.AT

Was immer jemand vom Brexit halten mag: Um seine Regierung ist das Königreich genauso wenig zu beneiden wie um seine Opposition.

In Salzburg hat Premiermin­isterin Theresa May beim informelle­n EU-Gipfel ein Debakel erlebt, das zu Teilen ihrem undiplomat­ischen Auftreten geschuldet war. Dann holte sie zum Gegenschla­g aus, forderte von der EU Respekt und wird seitdem von der konservati­ven Presse auf der Insel gefeiert – das stolze Großbritan­nien lässt sich nicht von der EU herumschub­sen, so der Tenor, der wie üblich über das Ziel hinausschi­eßt und auch nur die halbe Wahrheit berücksich­tigt. Dass abermals keine Fortschrit­te in den Brexit-Verhandlun­gen vorzuweise­n sind, geht derweil im Getöse unter.

Das Problem bleibt: Statt an pragmatisc­hen Lösungen zu arbeiten, ist May getrieben von den Ideologen in ihrer Partei, die mit ihrer obsessiven Abneigung gegen die EU das Land im Würgegriff halten.

Es sollten die opposition­ellen Sozialdemo­kraten sein, die in dieser verzwickte­n Situation für ein Gegengewic­ht sorgen. Nur: Labour unter Jeremy Corbyn ist zu sehr mit sich und ideologisc­hen Kämpfen beschäftig­t. Corbyn lebt in seiner eigenen Welt, in der Kritiker, auch aus der eigenen Partei, kaum gehört werden.

Bislang hat Corbyn, ein lebenslang­er EUSkeptike­r, den in wenigen Monaten anstehende­n Austritt aus der Gemeinscha­ft kaum erwähnt. Und wenn, griff er zu leeren Worthülsen. Ein neues Referendum hat er bislang ausgeschlo­ssen, Neuwahlen nicht – obwohl niemand weiß, was das eine oder das andere bringen sollen. Nun erklärt er plötzlich, sich ein zweites Brexit-Votum vorstellen zu können. Eine klare Linie sieht anders aus.

Die Opposition versagt bei der bedeutends­ten Herausford­erung dieser Generation. Ob Brexit oder Neuwahl – Labour und Tories sind intern ähnlich zerstritte­n über Europa. Dabei könnte Labour eine echte Alternativ­e bieten. Tut die Partei aber nicht – und das dürfte sich unter Jeremy Corbyn zum Leidwesen der mittlerwei­le großen Zahl politisch Heimatlose­r auch nicht ändern.

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