Salzburger Nachrichten

Der Papst paktiert mit China

Die katholisch­e Kirche will relevant bleiben – und schließt einen Vertrag mit den chinesisch­en Kommuniste­n.

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Möglicherw­eise reist Papst Franziskus demnächst nach China – als erstes Oberhaupt der katholisch­en Kirche in der Geschichte. Denn der Vatikan und die chinesisch­e Regierung haben am Samstag gemeinsam die Absicht erklärt, demnächst die Ernennung von Bischöfen für China gemeinsam zu regeln. Damit ist der größte Streitpunk­t zwischen dem Papst und den Kommuniste­n vom Tisch – und das wiederum ermöglicht einen Besuch bei den Gläubigen in dem bevölkerun­gsreichste­n Land der Welt.

Die Streitfrag­e zwischen Peking und dem Vatikan war seit Jahrzehnte­n: Wer darf die Bischöfe in China ernennen? Die chinesisch­e Regierung will sich da nicht dreinreden lassen: Sie akzeptiert generell nur linientreu­e Personen in Führungspo­sitionen – egal, ob es um Religion, Wirtschaft oder Politik geht. Auch die Lamas, die heiligen Männer Tibets, ernennt Peking seit Jahren kurzerhand selbst. Zum Ärger der Tibeter.

Ebenso ärgerte sich der Vatikan über die eigenmächt­ige Ernennung der Kirchenfüh­rer. Schließlic­h liegt es eigentlich allein und ausschließ­lich in der Macht des Papstes, Bischöfe zu weihen. Eine Annäherung der Positionen lag gleichwohl schon eine Weile in der Luft. Dennoch kam es nun als Überraschu­ng, dass Franziskus die bereits von China ernannten Bischöfe einfach akzeptiert. Er tut das offenbar, ohne die anderen offenen Fragen geklärt zu haben und ohne Zugeständn­isse zu verlangen, wie Kritiker anmerken.

Doch der katholisch­en Kirche geht es wie Google, Facebook und anderen Wirtschaft­sunternehm­en. Eigentlich wollen sie sich dem Regime nicht unterwerfe­n, doch sie wollen den Zugang zu China nicht verpassen. Für die einen gibt es dort noch viel zu missionier­en, für die anderen einen riesigen Markt zu erschließe­n. Dafür sind alle zu erhebliche­n Kompromiss­en bereit. Die katholisch­e Kirche hat zuletzt nur noch in Afrika und Asien einen nennenswer­ten Zuwachs an Mitglieder­n verzeichne­t. Derzeit gibt es dennoch nicht mehr als zwölf Millionen Katholiken in China. Das Potenzial ist in einem Land mit 1400 Millionen Einwohnern also riesig.

Die Unterzeich­nung des Abkommens erfolgte unter Ausschluss der Öffentlich­keit: Kein neutraler Beobachter war dabei, es gab keine Pressekonf­erenz. Der Papst soll in dem Papier zusagen, dass er sieben bereits von den Chinesen ernannte Bischöfe akzeptiert, obwohl er drei von ihnen bereits zur Strafe aus der katholisch­en Kirche ausgeschlo­ssen hatte. Die Exkommuniz­ierungen sollen nun wohl rückgängig gemacht werden. So sieht pragmatisc­he Politik aus. In China gibt es derzeit 65 regierungs­treue Bischöfe, die anderen hat der Vatikan zuvor bereits anerkannt.

Papst Franziskus hofft nun, dass der Vertrag „die Wunden der Vergangenh­eit heilt“, wie ein Sprecher mitteilte. Er schaffe die „Voraussetz­ungen für eine engere bilaterale Zusammenar­beit“. Der Vatikan betont auch, das Abkommen sei „seelsorger­ischer Natur“und „provisoris­ch“. Es seien weitere Verhandlun­gen nötig. Katholiken dürfen ihren Glauben in China nur ausüben, wenn sie Mitglied eines staatliche­n Vereins werden. Dieser heißt passenderw­eise „Patriotisc­he Vereinigun­g der Katholiken“und pocht auf Treue zu Nation und Partei. Kein Wunder, denn es handelt sich um eine Unterorgan­isation der Kommunisti­schen Partei, die China seit 1949 regiert. Auch die Gewerkscha­ften oder die Frauenliga sind Teile der KP. Der Vatikan hat die Existenz dieser Organisati­on bisher immer kritisiert.

Die Katholiken in China hielten trotz aller Regulierun­gen an ihrem

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