Das Rennen ist gelaufen
Bauernbub, Gründer, Millionär, Autor: Florian Gschwandtner erklärt, wie er mit Runtastic erfolgreich wurde und warum er jetzt aussteigt.
Als Siebenjähriger steuerte er den Traktor am elterlichen Bauernhof in Niederösterreich, mit 26 gründete er gemeinsam mit Freunden das Fitness-Start-up Runtastic, mit 32 verkaufte er es um 220 Millionen Euro an Adidas. Jetzt, drei Jahre später, gibt Florian Gschwandtner auch seine Position als Geschäftsführer ab. Über die Entwicklung der LaufApp Runtastic, harte Zeiten und große Erfolge hat er nun ein Buch geschrieben. Mit „So läuft Start-up“will er mit seinen Erfahrungen anderen Gründern helfen. SN: Sie haben eben angekündigt, nur noch bis Ende des Jahres Runtastic-CEO zu bleiben. Warum steigen Sie aus? Gschwandtner: Das Unternehmen ist erwachsen geworden. Es wird auch ohne mich weiterlaufen. Ich war jetzt zehn Jahre bei Runtastic. Damals war mein Ziel: mich selbstständig machen und erfolgreich sein. Ich würde meinen, das ist gut gelungen. Es hat sehr viel Spaß gemacht, war aber auch viel Arbeit. Der Tag beginnt früh, tagsüber geht es rund, abends beantworte ich bis Mitternacht E-Mails. Jetzt will ich ein paar Dinge nachholen. Eine Pause machen. Ich bin müder geworden. Ich will jetzt Zeit für mich haben, für Freunde und Familie. SN: Sie ließen sich schon früh nicht dreinreden. Als Teenager tauchten Sie in Plateauschuhen und Glockenhosen im kleinen Ort auf, sodass die Nachbarn tuschelten. Ist Sturheit auch beim Gründen ein Schlüssel zum Erfolg? Ich glaube schon. Die RuntasticStory wäre sehr schnell vorbei gewesen, wenn wir immer darauf gehört hätten, was andere Leute sagen. Das ist vielleicht eine sehr österreichische Einstellung: Man kommt mit einer Idee und jeder weiß gleich, warum das nicht funktionieren kann. Aber für mich war das eine Motivation. Ich wollte zeigen, dass es geht. SN: In den Anfangsjahren von Runtastic lebten Sie sehr sparsam. Ein Mittagessen durfte nur 2,20 Euro kosten. Jetzt haben Sie mehrere Millionen Euro am Konto liegen. Was macht das mit einem? Gott sei Dank gar nicht so viel, würde ich sagen. Aber es beruhigt natürlich unheimlich. Die finanzielle Unabhängigkeit ist toll. Es ist noch nicht lange her, da hatte ich kein eigenes Auto. Jetzt leiste ich mir da und dort etwas und der Urlaub ist ein bisschen schöner. Aber ich versuche, demütig zu bleiben und mich daran zu erinnern, was wichtig ist. Ich bin gesund. Ich bin immer noch jedes zweite Wochenende bei meinen Eltern am Bauernhof. Die behandeln mich nicht anders. SN: Sie übernehmen ab Jänner Michael Altrichters Platz als Business Angel in der Puls4Sendung „2 Minuten, 2 Millionen“. Was braucht ein Startup, damit Sie investieren? Das Produkt muss mir gefallen. Ganz wichtig ist aber das Gründerteam. Die Menschen, die dahinterstehen. SN: Das Team ist wichtiger als die Idee? Ja, das sehe ich schon so. Die Idee ändert sich oft noch. Bei Runtastic war das auch so: Am Anfang wollten wir fixe Laufrouten installieren und in die Straßen Sensoren eingraben. Wir haben schnell gemerkt, dass die mobile Variante viel besser ist. Wir vier Gründerkollegen sind gute Freunde. Wir haben ein tolles Verhältnis. Das ist sicher auch der Grund, warum es zehn Jahre lang so gut funktioniert hat. SN: Woran scheitern Gründer? Man muss realistisch bleiben: Auch wenn alles gut geht, ist die Chance, erfolgreich zu werden, immer noch sehr klein. Oft scheitert es am Team, viele stellen es sich aber auch zu einfach vor. Ein Start-up zu gründen ist derzeit cool. Manche glauben, ihr Unternehmen sei schon zwei Millionen wert, obwohl sie gar keine brauchbare Idee haben. SN: Sie haben schon alles Mögliche verkauft, von Autoersatzteilen bis zu Stromverträgen. Muss man als Gründer ein guter Verkäufer sein? Ja, das ist ein wichtiges Gut. Jeder Mensch muss irgendwann ein Verkäufer sein, etwa beim Bewerbungsgespräch. Ein Kind lernt die ersten Verhandlungstechniken, wenn es Süßigkeiten will. Und vielleicht herausfindet: Die Mama gibt im Supermarkt nach, wenn ich weine. Man muss als Jungunternehmer seine Idee verkaufen können. Manchen liegt das mehr als anderen. SN: Wie sind die Voraussetzungen für junge Gründer in Österreich? Die Förderlandschaft ist in Österreich gut, aber nicht sehr transparent. Es ist ein Förderdschungel. Das kann man verbessern. Auf der anderen Seite muss die Landschaft für Business Angels und Investoren attraktiver werden. Risikokapital sollte etwa steuerlich absetzbar sein. Da sind andere Länder, etwa Großbritannien, viel besser aufgestellt. In Österreich schmückt sich die Politik zwar gern mit dem Start-upThema. Aber es passiert zu wenig. SN: Sie haben bei den Koalitionsverhandlungen im Vorjahr die ÖVP im Bereich Digitalisierung beraten und wurden in manchen Medienberichten schon als Wirtschaftsminister gehandelt. Reizt Sie die Politik? Mitzuhelfen und beratend zu unterstützen, das interessiert mich schon. Aber nicht in einer politischen Rolle oder Funktion. SN: Was machen Sie ab Jänner? Das Gute ist: Ich weiß es nicht. Ich werde weiterhin als Business Angel tätig sein, will im Jänner mehr Zeit auf den Ski verbringen und im Februar Kitesurfen auf Hawaii lernen. Aber ansonsten: Eine gewisse Zeit keinen Plan zu haben ist schön.
„Die Politik schmückt sich gern mit Start-ups. Aber es passiert zu wenig.“Florian Gschwandtner, Runtastic