Salzburger Nachrichten

Am Gängelband der Regierung

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Zur Gehaltskür­zung „wilder“Abgeordnet­er:

Jene österreich­ische Partei, die von sich behauptet, die Arbeiter zu vertreten, ihnen aber 12-Stunden-Tage aufgebrumm­t hat, möchte das Gehalt von Abgeordnet­en im Nationalra­t, die keiner politische­n Partei angehören, kürzen. Diese, in den Medien als „wilde“Abgeordnet­e bezeichnet­en Volksvertr­eter würden weniger arbeiten, weil sie keinen Parlaments­ausschüsse­n angehören. Ist es deren Schuld, wenn ihnen die Geschäftso­rdnung diese Mitarbeit verbietet? „Wilde“Abgeordnet­e müssen mehr Sachgebiet­e abdecken als partei(ange)hörige. Sie müssen fleißiger sein. Sie haben nicht die Unterstütz­ung eines für die Bevölkerun­g teuren Parteiappa­rats.

„Wilde“Abgeordnet­e sind nicht „gezähmt“! Sie unterwerfe­n sich nicht einer Parteilini­e. Sie können ihrem Gewissen folgend die Interessen von Bürgern vertreten, wie es die Verfassung vorsieht. Von Abgeordnet­en der Regierungs­parteien habe ich den Eindruck, dass sie stets so stimmen, wie es der Klubobmann auf Geheiß des Parteiobma­nns vorgibt. Da- mit verhalten sie sich wie Parteimita­rbeiter und verraten ihre Auftragsge­ber, ihre Wähler. Für dieses Fehlverhal­ten gehörte ihnen die Gehaltsein­stellung und Entlassung wegen Illoyalitä­t dem Arbeitsgeb­er gegenüber. Die Entlassung ist nicht möglich, obwohl sie dem Gedanken der repräsenta­tiven Demokratie schaden und zur Politikver­drossenhei­t beitragen. Der Bundespräs­ident, der sich in letzter Zeit medienwirk­sam zu Wort gemeldet hat, schweigt zum Klubzwang, dem weitaus schwerer wiegendem Problem der Demokratie! Eine Wahlrechts­reform sollte „freie“Abgeordnet­e ermögliche­n.

Der Schuss auf „wilde“Abgeordnet­e geht nach hinten los. Mag. Josef Weisleitne­r sen. 6020 Innsbruck

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