Und auch diesmal war Goliath der G’schnapste
Ramingstein lud nach dem Erntedankfest zum einzigartigen Brauchtum mit biblischem Hintergrund – mit einem neuen, jungen David und einem routinierten Philister-Kämpfer.
RAMINGSTEIN. Es ist ein Spiel, das nur in Ramingstein alljährlich nach der Erntedankprozession geboten wird: Der kleine David tritt, so wie in der Bibel erzählt, im Kampf gegen den Riesen Goliath an – und streckt diesen mit seiner Steinschleuder nieder.
„Die Wurzeln des Bühnenstücks reichen bis ins Mittelalter zurück“, weiß Altbürgermeister Johann Bogensberger. Er war es, der das 15 Minuten dauernde Theaterstück im Jahr 1996 aus der Vergessenheit geholt hat. Seither wird es jedes Jahr zu Erntedank aufgeführt. Die Handlung findet sich in der Bibel, als die Israeliten ihren verfeindeten Nach- barn, den Philistern, gegenüberstanden. Der hünenhafte, kraftstrotzende Philister Goliath forderte die Israeliten auf, ihm einen Kämpfer entgegenzustellen. Niemand hatte den Mut dazu, bis sich der zierliche Hirtenjunge David meldete. „Mit Gottes Gnad’ werd’ ich es wagen und dich zu Boden schlagen“, heißt es in dem Ramingsteiner Spiel, dessen Text 1932 von Prälat Bruno Regner gesichert und im Salzburger Bauernkalender veröffentlicht worden war.
Tatsächlich gelang es David laut Heiliger Schrift, seinen Widersacher Goliath mit seiner Steinschleuder zu besiegen. Er wurde dafür mit dem Königsthron belohnt.
„Natürlich ist das gelebtes religiöses Brauchtum“, sagt der Ramingsteiner Pfarrer Manfred Thaler. „Es ist aber auch eine Chance der Vermittlung einer biblischen Begebenheit: Scheinbar ausweglose Situationen kann der Mensch mit Gottes Hilfe meistern.“Der örtliche Pfarrer ist es, der die Person des Davids auswählt. Heuer war dies ein neues Gesicht: Lukas Moser, neun Jahre alt, Ramingsteiner Volksschüler, musste dafür nicht nur den Text auswendig lernen, sondern sich auch mit der Steinschleuder vertraut machen. „Ich habe mich sehr gefreut, dass die Wahl auf mich gefallen ist“, versichert Lukas, der als Tormann der Spielgemeinschaft Lungau im Fußball zwischen den Pfosten steht.
Bei seinem ersten Antreten als David traf Lukas auf Jakob Müllner. Der selbstständige Kunsthandwerker wurde heuer von Bürgermeister Peter Rotschopf bereits zum vierten Mal mit der Goliath-Rolle betraut. „Jetzt habe ich schon ziemliche Erfahrung“, lacht er, „aber beim ersten Mal war ich anständig nervös. Ich erachte es als große Ehre, bei dem Spiel aktiv dabei sein zu dürfen.“
Auch wenn Jakob Müllner dabei am Ende stets der Verlierer ist. „Victoria, Victoria“, schrie David alias Lukas Moser den Hunderten Zuschauern auf dem Dorfplatz in Ramingstein entgegen, als der Riese Goliath im Staub lag, „der Feind ist nun erschlagen!“